Geliebt und gefürchtet In Hillsborough starb auch der Stehplatz

25.000 Zuschauer finden auf der imposanten Südtribüne des Dortmunder Fußballstadions Platz. Es ist die größte Stehplatz-Partition Europas. Spieler sprechen von der "gelben Wand". Sie ist nur in der Bundesliga zu sehen und zu spüren. Denn international dürfen im Fußball ausschließlich Sitzplätze angeboten werden. Dann wird aus der "gelben Wand" ein weitläufiger Fan-Hügel.

Zehn Gründe für Stehplätze im Fußball-Stadion
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Zehn Gründe für Stehplätze im Fußball-Stadion

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Foto: rpo

Das Ende der Stehplätze begann im April 1989 — nach der Stadion-Katastrophe in Hillsborough. Während des Halbfinalspiels um den FA Cup zwischen dem FC Liverpool und Nottingham Forest ließen Ordnungskräfte zu viele Besucher in einen Block. Hunderte Fans wurden gegen den Zaun am Spielfeldrand gedrückt oder einfach niedergetrampelt. 96 Menschen starben. Die Katastrophe verändert den Fußball nachhaltig.

Nur vier Jahre nach den Stadionkatastrophen von Bradford und Heysel war somit die Zeit gekommen umzubauen. Heute gibt es in fast allen englischen Stadien nur noch Sitzplätze. Zudem wurden die Zäune abgeschafft. Das Stehplatzverbot wurde in England eingeführt und später vom Fußball-Weltverband und dem Europäischen Fußball-Verband übernommen.

Kein Komfort und kein Dach

Schon zu Beginn des 20. Jahrhunderts war weltweit ein Großteil der heutigen Stadien enstanden. Imposante Bauten, die sich für die Eigendarstellung der Vereine und Städte eigneten. Komfort spielte keine Rolle. Es ging darum, möglichst viele Zuschauer auf engem Raum unterzubringen. Bis in die 80er Jahre hinein gab es kaum Überdachungen, geschweige denn sanitäre Anlagen oder Essen und Trinken. Letztlich war es die Hillsborough-Katastrophe, die dazu führte, dass fest verankerte Konzepte überdacht wurden.

Parallel sorgte die zunehmende Gewalt durch Hooligans in und um Stadien für ein Umdenken. Als Deutschland die Weltmeisterschaft 2006 zugesprochen bekam, wurden für zahlreiche Bundesliga-Stadien Pläne für Um- und Neubauten erstellt. Es entsprach dem Selbstverständnis, dass diese immer noch groß und imposant sein sollten. Aber der Charakter des Stadions änderte sich. Das Wort Arena erlangte Bedeutung, genau so wie das Drumherum. Von nun an stand der Unterhaltungswert im Vordergrund. Das Spiel wurde zu einem Event, der Fußball Mittel zum Zweck.

Der Anteil der Stehplätze (ver)schwand, die Eintrittspreise stiegen massiv. Bis zum heutigen Tag gibt es in der Regel nur noch kleinere Stehplatz-Bereiche, die Rest-Heimat der Fans. Der Fans, die ihr Team für gewöhnlich auch auswärts 90 Minuten lautstark begleiten. Auf den Sitzplätzen wird eher gemault und gepfiffen, allenfalls rhythmisch geklatscht oder die Arme werden zur La Ola nach oben gerissen. Dafür ist es im gesamten Stadion friedlicher.

Viele Fans bevorzugen dennoch weiterhin Stehplätze. Auch die Stadionbetreiber haben ihn nicht ganz abgeschrieben. In Düsseldorf wurde dem Wunsch vieler Fans entsprochen. Ab der Saison 2010/2011 wird es die beliebte Alternative zu den Sitzplätzen wieder geben. Danach fasst das Stadion etwa 4000 Menschen mehr als heute.

"Uns fällt ein riesiger Stein vom Herzen. Endlich ist es soweit", sagt Karem Chelagou von der Düsseldorfer Fan-Initiative "Stonn op!". Er und seine Mitstreiter haben damit ein Novum in Fußball-Deutschland geschaffen. Womöglich finden sie Nachahmer. In Dortmund ist das allerdings nicht von Nöten.

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