Klubs in der Schuldenfalle Insolvenzen im Sport haben Hochkonjunktur

Köln · Fußball, Handball, Volleyball – in zahlreichen Sportarten mussten Vereine in den vergangenen Wochen Insolvenz anmelden.

3. Liga 12/13: Aachen meldet Insolvenz an
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Fußball, Handball, Volleyball — in zahlreichen Sportarten mussten Vereine in den vergangenen Wochen Insolvenz anmelden.

Insolvenzen haben im Sport Hochkonjunktur. Egal ob im Fußball, Handball oder Volleyball - immer mehr Klubs geraten in die Schuldenfalle. "Es ist schon auffällig, dass in diesem Jahr quer durch alle Sportarten die Zahl der Insolvenzen gestiegen ist", sagte Patric Naumann, Fachanwalt für Insolvenzrecht bei der Kanzlei Schultze und Braun, dem SID.

Für Naumann liegen die Gründe auf der Hand: Es sind Baumaßnahmen wie etwa Stadien, große Ablösesummen, hohe Spielergehälter, Rückzug von Sponsoren. Die Vereine stecken in einem Teufelskreis und können sich auch nicht auf die Hilfe von Städten und Gemeinden verlassen. "Die haben häufig eigene finanzielle Probleme und müssen ihre Ausgaben senken — das Engagement für 'ihren' Sportverein fällt dann eventuell dem Rotstift zum Opfer und reißt ein Loch in die ohnehin nicht dicke Finanzdecke der Vereine", sagte Naumann.

Der Pleitegeier macht auch vor Fußball-Traditionsvereinen mit Bundesligavergangenheit nicht halt. Ein Insolvenzverfahren wurde gegen Alemannia Aachen ebenso eröffnet wie gegen Kickers Offenbach und den Wuppertaler SV. Die Klubs drücken Schulden in Millionenhöhe, der Zwangsabstieg war die schmerzhafte Folge.

"Falsche Einschätzung gehabt"

Im Gegensatz zu Wirtschaftsunternehmen seien die Verhaltensweisen bei Sportvereinen weniger rational, sondern stärker emotional, so Naumann, der die Fehler auch bei den Verantwortlichen der betroffenen Klubs sieht: "Bei Vereinen, die ich in ihrem Insolvenzverfahren begleitet habe, wurden Mitglieder und Vorstand mit Problemen konfrontiert, die sie mit eigenen Mitteln nicht lösen konnten. Die Situation war dann irgendwann nicht mehr steuerbar. Man hat wahrscheinlich auch eine falsche Einschätzung gehabt."

Der Rechtsanwalt warnt daher davor, vor den auftretenden Problemen die Augen zu verschließen: "Die Verantwortlichen sollten sich frühzeitig Hilfe holen. Wenn sie zu lange warten, dann wird es schwer, die Situation und den Verein noch zu retten."

Im Frauenfußball hatte man sich von der Heim-WM 2011 einen Boom mit Auswirkungen für die Bundesliga erhofft. Zwei Jahre später folgt die Ernüchterung: Vor wenigen Tagen wurde das Insolvenzverfahren des Traditionsklubs SC Bad Neuenahr eröffnet. Altlasten waren nicht abgebaut worden, der Landessportbund reduzierte seine Zuschüsse, mehrere Sponsoren sprangen ab. Nun probiert man den Neustart mit jungen Talenten in der 2. Bundesliga.

Der FCR Duisburg zog seinen Kopf im allerletzten Moment noch einmal mit der Schließung eines 200.000-Euro-Lochs aus der Schlinge. Altlasten von 250.000 Euro bleiben aber bestehen, das Insolvenzverfahren wurde nicht aufgehoben. Nun soll der Klub möglichst in einen anderen Verein eingegliedert werden. Der Name FCR Duisburg wird voraussichtlich von der Fußball-Landkarte verschwinden.

Sportliche Bedeutungslosigkeit

Aber nicht nur der Fußball ist betroffen. In dieser Woche erwischte es Frauenhandball-Bundesligist Frankfurter HC. Der deutsche Meister von 2004 plant einen Neuanfang in der 3. Liga. Ein Neustart ist allerdings schwer. Die Kassel Huskies und die Frankfurt Lions aus der Deutschen Eishockey Liga (DEL) verschwanden nach ihren Insolvenzen (2010) in der sportlichen Bedeutungslosigkeit.

Frauenvolleyball-Bundesligist VC Wiesbaden war finanziell schon seit längerer Zeit angeschlagen, dann musste der Pokalfinalist einen weiteren Rückschlag hinnehmen. Einer der Hauptsponsoren drehte den Hahn zu. Im Frauen-Basketball zog sich Meister Wolfenbüttel aus finanziellen Gründen aus der Bundesliga zurück.

Immer mehr Firmen müssen sparen und kürzen nicht notwendige Ausgaben. So stellte in diesem Jahr die Fluggesellschaft Air Berlin bis auf Weiteres ihr Sponsoring von Sportvereinen ein. Betroffen waren Fußball-Bundesligist Hertha BSC, Zweitligist Fortuna Düsseldorf und Handball-Bundesligist Füchse Berlin. Im Gegensatz zu anderen Klubs mussten sich diese Vereine nicht mit einer Zahlungsunfähigkeit beschäftigen - auch wenn die Insolvenzen im Sport derzeit Hochkonjunktur haben.

(sid)
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