Angriffe auf Fenerbahce und PSG Bus-Attentate als neue Dimension der Gewalt

Istanbul/Paris · Gewehrschüsse gegen Fenerbahce Istanbul, Golfbälle gegen Paris St. Germain und Glasflaschen gegen Borussia Dortmund: Durch zum Teil lebensbedrohliche Attacken auf die fahrenden Mannschaftsbusse der drei europäischen Topklubs hat die Gewalt im internationalen Fußball am Osterwochenende auf dramatische Weise eine neue Dimension erreicht.

Fenerbahce Istanbul: Bus beschossen – Fahrer verletzt
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Bus von Fenerbahce beschossen – Fahrer verletzt

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Foto: afp, KLC/ACR

"Das ist keine gewohnte Gewalt von Fußball-Fans mehr, das war ein gezielter Mordanschlag. Man wollte unsere Spieler töten", empörte sich Istanbuls Vizepräsident Mahmut Uslu in türkischen Medien sichtlich schockiert über den Angriff von Unbekannten auf das Gefährt des Meisters mit allen Stars an Bord: "Wenn Blut fließt, ist der Fußball am Ende."

Tatsächlich entging Istanbuls Tross am Samstagabend auf der Fahrt zum Flughafen Trabzon nach dem 5:1-Sieg bei Caykur Rizespor offenbar nur knapp einer Katastrophe: Einheimischen TV-Sendern zufolge trafen die mutmaßlich mit einem Schrotgewehr abgefeuerten Schüsse die Front- und Fahrerscheibe des Fenerbahce-Busses auf einer Brücke, bevor der Fahrer durch die berstenden Glassplitter im Gesicht verletzt wurde und die Kontrolle über das Fahrzeug verlor.

Mehmet Topal völlig entsetzt

Scheinbar nur der geistesgegenwärtige Griff eines Istanbuler Sicherheitsmitarbeiters ins Lenkrad verhinderte den Sturz des Busses mit allen unverletzt gebliebenen Stars wie dem Ex-Bremer Diego oder früheren Leverkusener Michal Kadlec in eine Schlucht. "Wir hätten sterben können", sagte Fener-Spieler Mehmet Topal noch am Tatort völlig entsetzt.

In der Türkei löste der Anschlag landesweit große Bestürzung aus. "Ein schwarzer Tag für den türkischen Fußball", kommentierte die Zeitung Hürriyet die Attacke. Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan erkundigte sich telefonisch bei Trabzons Regionalgouverneur nach dem Stand der bislag weitgehend ergebnnislos gebliebenen Ermittlungen, und Sportminister Cagatay Kilic brandmarkte die Tat als "feige und unmenschlich".

Die Hintergründe für das Attentat, nach dem der Fahrer in ein Krankenhaus gebracht und trotz seiner nicht lebensgefährlichen Verletzungen operiert werden musste, dürften mit einiger Wahrscheinlichkeit mit Fenerbahces Rolle im Manipulationsskandal von 2011 in Zusammenhang stehen. Vor vier Jahren war Fener auf dem Weg zur Meisterschaft in Ergebnisabsprachen zu Lasten seines Rivalen Trabzonspor verwickelt. Bis heute fordern Trabzonspors Anhänger deswegen bis heute den Titel für ihren Klub.

Fenerbahce-Spiel abgesagt

Fenerbahce, wo neben dem heutigen Weltmeister-Coach Joachim Löw auch schon weitere deutsche Trainer wie Friedel Rausch und zuletzt zweimal Christoph Daum auf der Bank saßen, forderte am Tag nach dem Anschlag vergeblich eine Aussetzung der gesamten Süper Lig bis zur Aufklärung des Falles. "Auch die eingetretene Situation rechtfertigt nicht eine solche Maßnahme", sagte Innenminister Sebahattin Öztürk. Immerhin setzte der Verband das für Dienstag geplant gewesene Pokalspiel von Fenerbahce bei Mersin Idmayurdu vom Plan.

Außer in Trabzon jedoch kristallisierten sich an Ostern auf geradezu bizarre Weise gewalttätige Attacken auf fahrende Busse von gegnerischen Teams auch in Marseille und Dortmund als neue Bedrohung für den Fußball durch Hooligans heraus. Zwar verursachten die Attacken auf die Busse von Paris und des BVB nur Sachschäden, doch dürften durch die neuerliche Eskalation der Gewalt bei Sicherheitsexperten in vielen Ländern die Alarmglocken schrillen lassen: Hooligans und Fanatiker nehmen in menschenverachtender Manier Gefahr für Leib und Leben nun auch der Stars billigend in Kauf.

In Frankreich wurde der Bus von Meister PSG mit Superstar Zlatan Ibrahimovic an Bord auf der Fahrt zmum Spitzenspiel bei Olympique Marseille (3:2) von OM-Rowdys mit Golfbällen und anderen Gegenständen beworfen. In Dortmund schleuderte vor dem Bundesliga-Schlagerspiel ein Sympathisant von Bayern München auf einer Bundesstraße eine Glasflasche gegen den vorbeifahrenden Borussen-Bus, der die Westfalen im Mannschaftshotel abholen wollte.

(sid)
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