MLS boomt schon Eigentlich braucht Chicago Schweinsteiger gar nicht

Chicago/München · Die Verpflichtung von Bastian Schweinsteiger widerspricht dem Trend in der Major League Soccer. Und sie wäre nicht unbedingt nötig gewesen: Die Liga boomt auch so - und expandiert weiter.

Was Bastian Schweinsteiger in den USA erwartet
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Foto: dpa, ting pat

Sein erstes "Heimspiel" in Chicago hatte Bastian Schweinsteiger bereits am Donnerstagabend. Gemeinsam mit seiner Gattin Ana Ivanovic war er beim Basketball, die Bulls gewannen gegen den "World Champion" Cleveland Cavaliers mit 99:93, "ich hatte einen großartigen Abend", twitterte er. 22.282 Zuschauer verfolgten das Spiel - beim Debüt des "Fußballgotts" am Samstag gegen Montreal Impact werden es 2282 Besucher weniger sein.

Das Stadion von Chicago Fire bietet nur 20.000 Plätze, wie ohnehin einiges in der nordamerikanischen Major League Soccer (MLS) eine ganze Nummer kleiner ist. Die Bulls etwa sind nach Berechnungen des Wirtschaftsmagazins Forbes derzeit 2,5 Milliarden Dollar wert - der Schnitt in der NBA liegt bei immerhin 1,36 Milliarden pro Team. Der Wert der Fire wird auf 177 Millionen taxiert, der Schnitt in der MLS auf 185 Millionen.

Dank eines neuen Fernsehvertrages wird die NBA mit ihren 30 "franchises" demnächst etwa 8,5 Milliarden Dollar umsetzen - pro Jahr. Die MLS lag mit zuletzt 20 Mannschaften bei einer Milliarde Umsatz, ihr Chef Don Garber betont, dass 3,2 Milliarden möglich seien. Von den bislang 20 Klubs machten 2016 lediglich zehn Gewinn, was aber vor allem daran liegt, dass viele gerade erst neue, "soccer specific stadiums" gebaut haben.

Der Laden brummt

Als PR-Vehikel wie einst 2007 David Beckham hat die MLS einen Schweinsteiger nicht mehr nötig. Der Laden brummt auch so, vor allem, weil die Kosten vergleichsweise niedrig sind. Ausgenommen die Gehälter für drei "designated players" wie Schweinsteiger, der 4,5 Millionen Dollar (4,2 Millionen Euro) bekommen soll, darf ein Klub nur 3,845 Millionen Dollar für seinen Kader ausgeben. 2015 betrug der Umsatz von Fire gerade mal 24 Millionen Dollar.

In der 1996 gegründeten MLS spielen seit diesem Jahr 22 Klubs, aufgeteilt in zwei Conferences, Ost und West. Und es werden immer mehr. Los Angeles FC beginnt im kommenden Jahr, 2020 sollen es 26 Mannschaften sein, Ziel sind 28 Mannschaften. Eine "franchise" ist einst Beckham für den Standort Miami zugesagt worden, um die für 2020 zu vergebenden zwei Klubs bewerben sich Investoren aus zwölf Städten. Trotz 200 Millionen Dollar Aufnahmegebühr.

"Wir bleiben im Investitionsmodus", sagt Liga-Chef Garber. Die Entwicklung auch bei den Zuschauerzahlen unterstützt dies. 2016 kamen in der regulären Saison im Schnitt 21.692 Zuschauer. Damit lag die MLS weltweit auf dem achten Platz hinter der Bundesliga (42.421) sowie den höchsten Spielklassen in England, Spanien, Mexiko, Indien, Italien und China (22.193) Das Publikum ist im Vergleich jung - und damit interessant für die Werbeindustrie.

Die Verpflichtung von Schweinsteiger läuft auch sportlich eher gegen den Trend. Die Liga, die Klubs wollen kein "Seniorenheim" für altgediente Stars aus Europa sein wie einst Thierry Henry. Die 2015 geholten Frank Lampard, Steven Gerrard oder Didier Drogba haben der MLS schon wieder den Rücken gekehrt. Prominenteste Namen neben Schweinsteiger sind Andrea Pirlo, David Villa (beide New York City FC) und Kaká (Orlando City SC).

Die Klubs der MLS geben ihr Geld neuerdings lieber für jüngere "designated players" aus. Die erfolgreichsten Importe bisher waren der italienische Nationalspieler Sebastian Giovinco (mittlerweile 30), der 2015 von Juventus Turin zum Toronto FC wechselte und gleich zweimal der beste Torschütze der MLS war. Nicolas Lodeiro (Uruguay/28) wurde zur prägenden Figur beim ersten Meistertitel für die Seattle Sounders, wirtschaftlich der Top-Klub der MLS.

Lodeiro verdiente im vergangenen Jahr übrigens 1,7 Millionen Dollar. Das ist weniger als das Durchschnittsgehalt eines Spielers in der NBA: Das liegt in dieser Saison bei 1,865 Milllionen Dollar.

(sid)
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