Ehemaliger Profi von Werder Bremen Johan Micoud begeistert jetzt als Winzer

Bordeaux · Johan Micoud war einst ein begnadeter Fußballer – heute ist er Winzer, und die Weine des Franzosen verzücken die Experten.

 Bei Werder Bremen zauberte Johan Micoud im Mittelfeld, jetzt begeistert er mit tollen Weinen.

Bei Werder Bremen zauberte Johan Micoud im Mittelfeld, jetzt begeistert er mit tollen Weinen.

Foto: ddp

Johan Micoud war einst ein begnadeter Fußballer — heute ist er Winzer, und die Weine des Franzosen verzücken die Experten.

Jetzt fiebert er wieder dem großen Moment entgegen, schleicht mit seinen Freunden und Partnern durch den Weinberg. Prüft die Trauben, wann sie die notwendige Reife haben, für ihn, der sich nach seiner Fußball-Karriere zum Winzer bekehrt hat: er, Johan Micoud.

In Cannes am 24. Juli 1973 geboren, reifte er in Bordeaux zu einem Mittelfeldspieler der Extraklasse heran. Der nur 17-malige Nationalspieler (Europameister 2000, ein Einsatz) stand immer im Schatten von Zinedine Zidane, aber Ex-Bordeaux-Profi Klaus Allofs wusste als Manager von Werder Bremen, was er an ihm haben würde.

Micoud war ein Einzelgänger, verschlossen, aber selbstlos, wenn es um den entscheidenden Pass ging, egoistisch und gefährlich, wenn sich ihm eine Torchance bot, bestimmend und entscheidend auf dem Platz, bescheiden und demütig außerhalb. Ein Spieler, wie ihn Werder, das mit Micoud 2004 das Double gewann und drei Mal die Champions League erreichte, heute bitter nötig hätte.

Micoud kehrte nach dem Ende seiner Karriere nach Bordeaux zurück, beriet sich mit seinen wenigen Freunden und kaufte nach zweijährigem Zögern und Suchen ein kleines Weingut in Pomerol — einem der besten Anbaugebiete des Bordeaux, damit Frankreichs, damit der Welt. Micoud kehrt den alten Fußballer heraus: "Ich wollte keinen guten Wein herstellen, sondern einen großen", sagte er kürzlich dem Bundesliga-Magazin.

Schloss der verschworenen Gemeinschaft

Der Unterschied zum Fußball: Micoud, dem Perfektionisten, kommt kein Gegner mehr in die Quere. Traktoren sind zwischen seinen Rebstöcken verboten. Seine Anbaufläche umfasst nur 900 Ar, das gesamte Areal inklusive Schloss 1,45 Hektar. Das Schlösschen hat er mit seinen Partnern Mathieu Chalme, Ex-Profi bei Girondins Bordeaux, und Alexandre de Malet-Roquefort, Besitzer mehrerer Weingüter, sowie einem Önologen (Weinspezialist für Entwicklung) "Chateau la Connivence" getauft — Schloss der verschworenen Gemeinschaft.

Die Lese erfolgt per Hand. Die Trauben werden in mehrere Kategorien gegliedert, ehe sie gepresst und zu Wein verarbeitet werden. Ab dem Sommer ist Micoud mit Helfern unterwegs, um schlechte Trauben aus den Reben zu schneiden, damit nur die besten übrig bleiben. Die werden noch einmal von Hand sortiert, in die Kategorien "Top-Wein" und "normaler Wein". Wer das alles hört, fühlt sich an das Gedicht von Rainer Maria Rilke erinnert: "Herr, es ist Zeit (...), befiel den letzten Früchten, voll zu sein (...), und jage die letzte Süße in den schweren Wein."

Micoud ist ein verschlossener Einzelgänger geblieben, der nur Freunde an seinem wahren Leben teilhaben lassen will: "Ich habe ein neues Universum entdeckt, aber es liegt nahe meinem alten. Es geht um die Suche nach Perfektion und Kreativität." Er macht sich und sein Produkt rar, von seinem Top-Wein gibt es nur 2500 Flaschen pro Jahr. Wer eine haben will, kann sich im Jahr der Ernte bewerben. Nur: Ein Bordeaux muss mindestens zwei Jahre reifen. Ein Jahrgang 2010 war für 150 Euro zu reservieren (maximal 12 Flaschen, Zuteilung nicht garantiert).

Heute, wo er auf dem Markt ist, kostet er 175 Euro — und ist nur bei einem Weinhändler in Bremen (!) zu haben — sonst nirgends in Deutschland. Ein renommierter Weinführer vergibt 97 von 100 Punkten: "Die Nase allein reicht zur Verzückung. Wuchtig schwarze Frucht. Satte schwarze Kirsche mit Brombeere, Blaubeere, Praline, Valrhonaschokolade, Lakritze, Lorbeerblätter, schwarze Oliven." Wer kann da widerstehen...

(sid)
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