Gomez bei Besiktas gefeiert "Süper Mario" ist zurück

Istanbul · Gomez' Spielstil galt als nicht mehr zeitgemäß. Seitdem er in der Türkei aber wieder Tore wie am Fließband schießt, führt für Nationaltrainer Löw wohl kein Weg am Torjäger vorbei. In Istanbul liegen ihm die Fans zu Füßen.

Die Anhänger von Besiktas Istanbul werden immer nervöser. 58 Minuten rennt ihr Team nun schon beim Liga-Rivalen Sivasspor vergeblich an, noch immer steht es 0:0. Der Spitzenreiter aus der türkischen Metropole droht im Kampf um die Meisterschaft in der Provinz zu straucheln. Dann schlägt die Stunde von Mario Gomez.

Ein fein durchgesteckter Pass seines Teamkollegen Kerim Frei, und der Mittelstürmer der Elf vom Bosporus steht allein vor dem gegnerischen Tor. Noch vor einem Jahr, im Trikot des AC Florenz, hätte der Deutsche den Ball wohl in die Arme des Torhüters befördert. Oder in den Abendhimmel gejagt. Doch die Zeiten scheinen endgültig vorbei: Überlegt schiebt der Toptorjäger der Süper Lig den Ball am Schlussmann vorbei. Noch bevor der Ball die Linie überquert, breitet er die Arme zum Jubel aus. Feierlaune in Istanbul.

Besiktas gewinnt die Partie beim Abstiegskandidaten mit 2:1, Gomez holt nur vier Minuten nach seinem Führu ngstreffer einen Elfmeter heraus, der die Vorentscheidung bringt. Istanbuls Anhänger himmeln den 30-Jährigen an. Der Bezahlsender Lig TV stellte im Internet bereits die Frage, ob Gomez der beste Stürmer in der Vereinsgeschichte sei. Von den ersten 25.000 Teilnehmern der Umfrage stimmten 76 Prozent zu. Für sie ist "Süper Mario" - wie sie ihren Angreifer nennen - der Held. Und auch Bundestrainer Löw wird bei der EM in Frankreich wohl erstmals seit 2012 wieder auf den 1,89-Meter-Mann setzen. Abzusehen war diese Entwicklung nicht.

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Kaum ein anderer Stürmer musste in den vergangenen Jahren trotz hervorragender Torstatistiken ähnlich scharfe Kritik einstecken wie Gomez. Die verstolperte Großchance im EM-Vorrundenspiel gegen Österreich 2008, die von Mehmet Scholl losgetretene "Wundliege"-Debatte 2012 - all das führte dazu, dass sich das Image von Gomez als Stolperfußballer und Chancentod manifestierte. Der Vorwurf der Kritiker: mangelnde Laufarbeit und ein altmodischer Spielstil. Selbst die vielen Tore, die er während seiner Zeit beim FC Bayern erzielte, halfen nicht, sich davon loszulösen.

Als der AC Florenz den gebürtigen Baden-Württemberger für eine Ablöse von 28 Millionen Euro im Sommer 2013 nach Italien lotste, war der einstige Torgarant beim Rekordmeister längst entbehrlich geworden. In Italien wollte Gomez zu alter Stärke zurückfinden. Allein, es funktionierte nicht. Immer wieder plagte er sich mit Verletzungen herum, die fehlende Spielpraxis sah man ihm während der wenigen Partien, die er für Florenz bestritt, deutlich an.

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Um Gomez' Gehalt von etwa fünf Millionen Euro zu sparen, verlieh der toskanische Klub den Stürmer vor Beginn dieser Saison schließlich in die Türkei. Ein Deal, von dem der Nationalstürmer und sein neuer Verein gleichermaßen profitieren. Besiktas Istanbul führt die Liga fünf Spieltage vor Saisonende mit fünf Punkten Vorsprung auf den Lokalrivalen Fenerbahce an. Die Meisterschaft ist dank Gomez' 22 Treffern zum Greifen nah.

Wie ist die Wandlung zu erklären? Zunächst ist Gomez zuletzt verletzungsfrei geblieben, konnte so seine Fitness und Spritzigkeit wieder auf ein Top-Level hieven. "Ich merke, dass ich Gegenspielern wieder wehtun kann", sagt er. Gomez' wiederentdeckte Treffsicherheit ist auch Löw nicht unbemerkt geblieben. Beim Klassiker gegen England Ende März setzte der Weltmeister-Trainer mal wieder auf den wuchtigen Mittelstürmer. Und der Angreifer enttäuschte nicht, schoss sein erstes Tor seit vier Jahren für das DFB-Team.

Das Auslaufmodell Gomez - es ist wieder in Mode.

(sb)
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