Premier League Van Gaal krempelt Manchester United um

Düsseldorf/Manchester · Es ist schon lustig, wenn sich Louis van Gaal seinen Stürmerstar Wayne Rooney zur Brust nimmt und dem 28-Jährigen energisch erklärt, dass er beim Abschluss mehr auf den Torwart achten soll.

 Manchesters neuer Hoffnungträger Louis van Gaal.

Manchesters neuer Hoffnungträger Louis van Gaal.

Foto: ap

Das kurze Video — entstanden im Trainingslager in den USA — zeigt aber deutlich, worauf es dem neuen Trainer bei Manchester United ankommt: Intelligenz. Er will keine Gewaltschüsse, die in Richtung Tribüne fliegen, sondern den überlegten Torschuss.

Für seine Disziplin, für sein Spielverständnis, auch für seine Arroganz ist Louis van Gaal bekannt. Sein Spielkonzept bescherte dem Niederländer viele Titel, darunter die deutsche, spanische und niederländische Meisterschaft sowie die Champions-League-Trophäe und den Uefa-Cup. In vielen Top-Ligen trainierte van Gaal auch die Top-Mannschaften: in den Niederlanden Ajax Amsterdam, in Spanien den FC Barcelona (zweimal), in Deutschland den FC Bayern München — nun folgt in Manchester United einer der Topvereine in der englischen Premier League.

Nachdem van Gaal bei der WM in Brasilien mit den Niederlanden als Drittplatzierter die Heimreise angetreten hatte, machte er keinen Urlaub. Er stürzte sich direkt in die Arbeit. Seine Lust auf das Projekt "Manchester" ist groß. Der 62-Jährige könnte dem 20-maligen englischen Meister eine neue Spielkultur bringen. Nie schreitet der Fußball-Großmeister ohne Stift und Block über das Feld. Seine Spieler bekommen von ihm sofort zu hören, was gut war und was schlecht. Und er kann sich bei den schlechten Dingen fürchterlich aufregen. Im Training lässt van Gaal viel mit Ball üben. Anders als sein Vorgänger David Moyes, von dessen Arbeit van Gaal ohnehin wenig hält. Er müsse einen "gebrochenen Kader" wieder aufbauen, hat van Gaal gesagt.

Mit Moyes hatte Manchester versucht, auf einen unbekannten Trainer zu setzen. Doch in der Vereinsführung erkannte man nach der enttäuschenden zurückliegenden Saison (Platz 7): Nicht das Experiment bringt Sicherheit, sondern die Erfahrung. Es sind Trainergrößen wie Jose Mourinho, Carlo Ancelotti, Pep Guardiola und eben Louis van Gaal, die kontinuierlich Erfolge einholen.

United besiegt Real vor 109.318 Fans in Michigan
40 Bilder

United besiegt Real vor 109.318 Fans in Michigan

40 Bilder

Van Gaals Spielidee hat Einfluss. In seiner ersten Station bei Barcelona (1997-2000) machte er Pep Guardiola zum Kapitän. Heute ist "Pep" ebenfalls als Trainer erfolgreich. Zweites Beispiel: Mourinho. Auch er kam mit dem niederländischen General bei Barcelona als Assistent und Dolmetscher in Kontakt. Taktisch liegt van Gaal genau zwischen den beiden. Er ist nicht so defensiv gestimmt wie Mourinho und nicht so offensiv wie Guardiola. Die perfekte Mischung?

In Manchester schätzen sie van Gaals Erfahrung, sein Können und seinen Ehrgeiz. Am vergangenen Montag gab es in den USA schon den ersten Titel. Die Red Devils holten sich mit einem 3:1-Sieg gegen den FC Liverpool den mit einer Million Dollar (rund 750.000 Euro) dotierten International Champions Cup. Bei solch einem Start stört es niemanden, wenn der neue Trainer mit seinem geliebten Verhaltenskatalog anrückt, der einst Franck Ribery bei Bayern in den Wahnsinn trieb. Von der Vereinsspitze gab es jüngst das Okay zum "großen Coup": Rund 200 Millionen Euro darf van Gaal ausgeben. Für Arturo Vidal bietet man Juventus Turin bereits 60 Millionen Euro.

Van Gaal hat viel vor mit seinem neuen Verein. In den ersten Wochen seiner Amtszeit hat er jedenfalls bleibenden Eindruck hinterlassen. Assistent Ryan Giggs — bis vor kurzem selbst Spieler bei Manchester — schätzt van Gaals "mitreißende Aura". Giggs nannte sie "infectious", also infektiös, ansteckend. Sich ihr zu entziehen, sei schwer. Zuvor habe er solch eine Aura nur bei einem Trainer gesehen, sagte Giggs, das war bei Sir Alex Ferguson.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort