"Bloddy hell!" Premier League steht nach Brexit vor ungewisser Zukunft

Paris/London · Das Flehen von David Beckham aus Los Angeles war umsonst, Großbritannien hat für den Brexit gestimmt. Der könnte auch erhebliche Auswirkungen auf den Fußball haben.

Was bedeutet der Brexit für den Fußball?
Infos

Was bedeutet der Brexit für den Fußball?

Infos
Foto: dpa, wo sam hak

Gary Lineker konnte es nicht fassen. "Bloody hell!", verdammter Mist, twitterte die englische Fußball-Legende Freitagfrüh, als er vom "Brexit" erfuhr. Dann, eine gute halbe Stunde nach dem ersten Schock: "Was haben wir getan?" Wie dem ehemaligen Nationalstürmer ging es nach dem Volksentscheid für den EU-Austritt vielen Vertretern des Fußballs - die Premier League, die reichste Liga der Welt, fürchtet um ihre Existenz.

Ligaboss Richard Scudamore hatte zuvor betont, "leave" (verlassen) sei mit der "Kultur der Offenheit" der Premiership "unvereinbar". Kein Dimitri Payet, kein David De Gea oder Emre Can: Wenn der "Brexit" irgendwann umgesetzt wird, muss die Liga dichtmachen - für Spieler aus der EU oder EWR-Staaten wie Norwegen. Zumindest, wenn die seit 2015 auf Initiative der FA verschärften Bestimmungen für den Erhalt einer Arbeitserlaubnis nicht aufgeweicht werden.

Seitdem muss ein nicht-europäischer Profi einen gewissen Prozentsatz Länderspiele bestritten haben, wenn er auf die Insel wechseln will. Die Anzahl ist geringer, je höher das Land in der Weltrangliste platziert ist. Künftig sollen auch die Stars vom Kontinent unter diese Regeln fallen.

David Beckham schlug deshalb schon vor der Abstimmung Alarm. "Vielleicht hätten wir auch so Titel gewonnen", sagte er über seine große Zeit bei Manchester United, "aber die Mannschaft wurde besser und erfolgreicher durch den dänischen Torhüter Peter Schmeichel, die Führungsqualitäten des Iren Roy Keane und das Können des Franzosen Eric Cantona."

Karren Brady, Parlamentsabgeordnete der Torys und Vereinsvize von Payets Klub West Ham United, sah "verheerende Konsequenzen" auf die Liga zukommen, und die angesehene Spieleragentin Rachel Anderson meinte: "Die EU zu verlassen, hätte einen viel größeren Effekt auf den Fußball, als die Leute denken."

Wie groß, belegen Zahlen der BBC und des Guardian. Zwei Drittel der 160 EU- und EWR-Spieler der Premier League hätten nie dorthin wechseln dürfen, wenn zum Transferzeitpunkt auch für sie die verschärften Bestimmungen gegolten hätten. Darunter Payet, De Gea und Can, aber auch Stars wie Juan Mata und Anthony Martial von ManUnited, die Meisterspieler Robert Huth und N'Golo Kanté (Leicester City), Samir Nasri, Jesús Navas, und, und, und.

Scudamore fürchtet "weltweiten Ansehensverlust" und einen milliardenschweren Imageschaden. Weil das britische Pfund am Freitag abstürzte, ist plötzlich auch der tolle neue TV-Vertrag weniger wert. Und: Die 40 Millionen Euro, die West Ham für Michy Batshuayi von Olympique Marseille bot, sind über Nacht 34 statt 31 Millionen Pfund. Arsène Wenger behält recht: Der Spielermarkt, hatte der Teammanager des FC Arsenal gesagt, stünde nach einem Brexit "vor unangenehmen Fragen".

Das gilt übrigens auch für den umgekehrten Weg. Gareth Bale, Waliser und bester Spieler der EM in Frankreich, hätte 2013 nicht so einfach von Tottenham Hotspur zu Real Madrid wechseln können. In der spanischen Primera División nämlich gelten Beschränkungen für die Verpflichtung von Nicht-EU-Spielern...

(areh/sid)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort