Besuch in Fulham So fühlt sich Fußball in England an

Fulham · Unser Autor hat sich ein Heimspiel des englischen Erstligisten FC Fulham angesehen und aufgeschrieben, wie es eigentlich so ist im Mutterland des Fußballs.

 Unser Autor Sebastian Bergmann am Stadion in Fulham.

Unser Autor Sebastian Bergmann am Stadion in Fulham.

Foto: Bergmann

In 30 Minuten beginnt die Partie zwischen dem FC Fulham und Milton Keynes Dons. Der Fan-Shop an der Stevenage Road, an der das Stadion Craven Cottage steht, platzt aus allen Nähten. Zuschauer decken sich mit Fan-Artikeln ein, auch einige Deutsche sind darunter.

Ein Mann aus München unterhält sich mit einer Gruppe Mittzwanziger aus Berlin. Er holt sich das Heimtrikot des Klubs, die Berliner kaufen Schals, die das Emblem des ältesten Londoner Profi-Klubs zieren. Noch 15 Minuten bis zum Anpfiff. Das Bier, das man im Stadion für etwa sechs Euro bekommt, wird schnell heruntergespült. Schließlich ist es auf der Tribüne wie in allen englischen Stadien verboten. Doch dann geht's auch schon los: Der Stadionsprecher begrüßt die Teams, die Spieler betreten den Rasen. Willkommen im Mutterland des Fußballs, willkommen beim 21. gegen den 22. der zweiten englischen Liga.

Der Besuch eines Stadions in England scheint für viele Fußballfans aus Deutschland noch immer ein Traum zu sein. Dabei sind es gerade die Engländer, die den Untergang ihrer Fußball-Fankultur beklagen: zu hohe Ticket-Preise, zu viele Touristen, keine Stimmung — viele Engländer verschmähen die Stadien und schauen sich die Spiele lieber in der Kneipe an. Dort gibt es günstigeres Bier, darf geraucht und gestanden werden. All das ist in englischen Stadien unmöglich. Steht es wirklich so schlimm um die englische Fankultur?

Schon beim Weg zum Spiel offenbaren sich erste Unterschiede zur Bundesliga. Im Gegensatz zu den deutschen Stadien befindet sich das Craven Cottage wie viele andere Spielstätten in England inmitten einer Wohngegend, fast schon idyllisch an der Themse gelegen. Eine Anreise mit dem Pkw ist nahezu unmöglich. Fans in Trikots trifft man auf den von japanischen Kirschblüten verzierten Bürgersteigen selten an, die meisten Anhänger tragen normale Shirts und Jacken. Erst bei genauerem Hinschauen erkennt man das Logo des FC Fulham. Anders sieht's bei den Auswärtsfans von Milton Keynes aus: Sie zeigen Farbe, haben Trikots übergestreift und besingen ihre Mannschaft. Es scheint ein ungeschriebenes Gesetz zu sein, dass Auswärtsfans einfach mehr Stimmung machen müssen.

Im Stadion selbst fallen einem zunächst die engen Sitzreihen auf. Der Mann in der ersten Reihe ist gut drauf. Er wirkt wie der mittlerweile typische, englische Stadiongänger: um die 40 Jahre alt und beruflich erfolgreich. Er kann sich die Tickets leisten, obwohl die Preise dafür seit Jahren steigen. "Das war ein fürchterlicher Pass, Jordan", ruft er dem Abwehrspieler der Dons zu und lacht lauthals. Auch in Fulham gibt es in der Halbzeitpause an den Imbiss- und Getränkeständen lange Schlangen. Die klassische Stadion-Bratwurst (kostet in Deutschland 2,20 Euro) sucht man vergebens, dafür bietet jemand Hot-Dogs für saftige sechs Euro an.

Die Mannschaft der Gastgeber spielt besser als erwartet, die Stürmer Ross McCormack und Moussa Dembélé schießen die Hausherren zu einem verdienten 2:1-Sieg im Abstiegskampf. Der Schlusspfiff ertönt, die Fans der "Whites" sind zufrieden, beklatschen das eigene Team, das den Klassenerhalt in der zweiten Liga nach dieser Leistung eigentlich schaffen muss. Selbst der Anhang der Dons, dessen Team nicht wirklich gut spielte, aber zumindest gekämpft hat, verabschiedet seine Fußballer mit Applaus.

Der Fan-Shop des FC Fulham an der Stevenage Road füllt sich langsam wieder. In Fußball-England ist nicht alles besser. Aber ganz so schlimm ist es auch nicht.

(sb)
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