Neuer chancenlos gegen Ronaldo Die deutsche Durststrecke geht weiter
Monaco · Auch 18 Jahre nach Matthias Sammer muss der deutsche Fußball auf eine internationale Auszeichnung für einen Nationalspieler warten. An den Stars des Weltfußballs scheint kein Weg vorbei zu gehen.
Der straffe Zeitplan spielte den Bayern an ihrem gebrauchten Abend im Fürstentum in die Karten. Eilig und wortlos verschwanden Weltmeister Manuel Neuer, Arjen Robben und Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge in den schwarzen Vans am Hinterausgang des Grimaldi Forums - über den "Deutschland-Fluch" bei der Wahl zu Europas Fußballer des Jahres wollte keiner sprechen.
"Er nimmt es mannhaft und ist nicht geknickt", wusste immerhin DFB-Präsident Wolfgang Niersbach (63) nach einem kurzen Plausch mit Neuer (28) zu berichten, der am Donnerstagabend bei der Live-Journalistenwahl hinter Weltfußballer Cristiano Ronaldo (29) nur erster Verlierer war. Die deutschen Nationalspieler kennen das Gefühl.
Auch 18 Jahre nach Matthias Sammer (1996 nach dem EM-Titel) reichte es nicht für die ganz große internationalen Auszeichnung. Trotz WM-Triumph und Sommermärchen. Die vermeintlichen Experten Europas wollten lieber den Weltfußballer von Real Madrid ganz oben auf Europas Thron sehen. Den Superstar eben.
"Gratulation an Cristiano", twitterte Neuer dann während der Fahrt, oder während des Rückfluges: "Ich freue mich über die Top-3." Für einen Torwart war das tatsächlich eine sensationelle Platzierung. Teamkollege Robben (30/Niederlande), für viele der beste Feldspieler der WM, wurde mit 9 von 54 Stimmen nur Dritter hinter Neuer (19) und dem Portugiesen Ronaldo (26). "Wenn du dabei bist, dann möchtest du auch gewinnen, dann hast du etwas in der Hand", sagte er am Tag danach zu Sky Sport News HD: "Es wäre schön gewesen - aber es ist nicht so, dass ich jetzt am Boden bin und wieder aufgebaut werden muss. Ich war stolz drauf, dabei zu sein."
Michel Platini, Präsident der Europäischen Fußball-Union (UEFA) und Initiator der in dieser Form seit 2011 durchgeführten Wahl, hatte das Ergebnis vorhergesehen. Einer der drei Finalisten wäre ein guter Fußballer des Jahres für Europa, meinte der 59-jährige Franzose, die anderen beiden eher aussichtsreiche Kandidaten für die Weltfußballer Wahl der FIFA im kommenden Januar.
Dort, in Zürich, muss nach dem Endspiel von Rio de Janeiro eigentlich mindestens ein Nationalspieler zu den drei Finalisten gehören. Fast blind Geld setzen können die Fans aber auch auf die Vorauswahl von Ronaldo und/oder Lionel Messi (Argentinien), der in Brasilien fragwürdig zum besten Spieler der WM gekürt wurde. Wen werden die 209 Kapitäne und Trainer wohl wählen?
Verdient hatte Ronaldo, der im schwarzen Smoking einfach auch schon etwas mehr wie der Gewinner aussah als die Krawatten-Bayern, die Wahl freilich allemal. Mit 17 Toren beim Champions-League-Sieg von Real Madrid stellte er einen sensationellen Rekord auf und überragte trotz Verletzungsproblemen im Starensemble von Real Madrid.
"Davon nimmt man mehr Notiz von als von den sensationellen Paraden, die Manuel Neuer Woche für Woche und besonders bei der Weltmeisterschaft geboten hat", sagte Niersbach. Bei der WM zeigte der angeschlagene Ronaldo aber nicht einmal ansatzweise seine Klasse.
So muss die Frage erlaubt sein, wie die Journalisten abgestimmt hätten, wenn Neuer und Ronaldo die Rollen getauscht hätten. Also ein alles überragender Bayern-Keeper während der Saison und ein herausragender Ronaldo in Brasilien? Ronaldo wäre jetzt wahrscheinlich trotzdem - oder erst recht - Europas Fußballer des Jahres.
Über diese vermeintlichen Anerkennungsprobleme können die deutschen Fußballerinnen nur schmunzeln. Im Grimaldi Forum von Monaco wurde Nationalspielerin Nadine Keßler (26) vom Double-Gewinner VfL Wolfsburg zur Besten des Kontinents gewählt. Im DFB-Team von Bundestrainerin Silvia Neid (50) spielen in den kommenden Monaten deshalb die Weltfußballerin Nadine Angerer (35) und Europas Fußballerin des Jahres. Mehr geht nicht.
"Es ist ein großartiges Gefühl, diese Auszeichnung zu erhalten. Ich möchte dem Team und dem Team hinter dem Team danken - diese Auszeichnung ist für alle", sagte Keßler, die sich als Nachfolgerin von Angerer gegen ihre Teamkolleginnen Martina Müller (34) und Nilla Fischer (30/Schweden) durchgesetzt hatte.