Analyse zum Fifa-Kongress Ende des Reformprozesses

Manama/Düsseldorf · Kurz vor dem offiziellen Auftakt des Kongresses in Bahrain hat der Fußball-Weltverband Fifa die beiden Vorsitzenden der Ethikkommission entlassen. Dadurch könnten die Ermittlungen wegen Korruption ins Stocken geraten.

Fragen und Antworten zum Fifa-Kongress in Bahrain
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Foto: dpa, wb hm jai vge

Vor fünf Jahren hob Sepp Blatter unter großem Theaterdonner die Ethikkommission der Fifa aus der Taufe. Der Präsident des Fußball-Weltverbands stellte sich demonstrativ an die Spitze einer Bewegung, die den Sport von innen von Korruption, Vetternwirtschaft und Geldwäsche reinigen sollte. Der oberste Saubermann des Fußballs hatte die Rechnung allerdings ohne den Amtseifer der beiden Vorsitzenden der ermittelnden und rechtsprechenden Kammer dieser Kommission gemacht. In beeindruckender Zusammenarbeit sorgten der Schweizer Cornel Borbély (ermittelnde Kammer) und der Deutsche Hans-Joachim Eckert dafür, dass 70 Funktionäre wegen ihrer Vergehen aus dem Amt entfernt wurden - die größten Namen waren Blatter selbst und der Uefa-Präsident Michel Platini.

Auch gegen Blatters Nachfolger Gianni Infantino ermittelten die Fifa-Ethiker. Das missfiel dem neuen Präsidenten offenbar sehr. So sehr, dass er nun den Fifa-Rat (Council), so etwas wie die Regierung des Verbands, dazu bewegte, die eifrigen Juristen zu entlassen. Offizielle Begründung: Die Besetzung der führenden Positionen sei dem Rat zu europäisch. Das wird der Kongress der Fifa heute in Bahrain ändern. Auf Vorschlag des Rates wird er die Kolumbianerin Maria Claudia Rojas zur Chefermittlerin und den Griechen Vassilios Skouris zum Vorsitzenden der rechtsprechenden Kammer ernennen.

Es sind ehrenwerte Juristen, kein Zweifel. Skouris war Präsident des Europäischen Gerichtshofs, Rojas Präsidentin des Staatsrats. Und es ist nicht auszuschließen, dass beide sich in die komplizierte Materie und die Ermittlungsakten gegen immer noch 60 führende Fußball-Funktionäre irgendwann eingearbeitet haben werden. Zumindest heftige Verzögerungen in den Verfahren sind aber die erste zwangsläufige Folge der Umbesetzung in der Ethikkommission. Eckert sprach zu Recht und äußerst vorsichtig von einem "Rückschlag im Kampf gegen die Korruption" und der "Gefährdung des Reformprozesses". Sein Kollege Borbély ging deutlich weiter. Hunderte von Fällen seien noch offen, sagte er, "das wirft die Reformen um Jahre zurück, der Ethik-Code ist ein wertloses Stück Papier, es ist das Ende des Reformprozesses".

Fifa-Chef Infantino macht mit jenen Mitteln weiter, die Blatter zum Prinzip seiner Amtsführung erhoben hatte. Er schart Vertraute um sich, sichert sich Rückhalt in den kleinen Verbänden, die wiederum die Wiederwahl garantieren. Dazu hat er eine weitere Ausweitung des WM-Teilnehmerfeldes von 32 auf 48 Teams durchgedrückt. Wer ihm und seiner Machtausdehnung gefährlich werden könnte, der wird aus einflussreichen Ämtern entfernt. Besonders perfide ist, dass der Schweizer auch die Umbesetzung der Ethikkommission als Gemeinschaftsbeschluss des Councils ausgeben kann.

Diesen Rat hat er so fest in der Hand wie einst Blatter das Exekutivkomitee, das Vorgänger-Gremium für die wichtigen Entscheidungen. Nach der Entlassung von Eckert und Borbély ist Infantinos Macht jedenfalls nicht kleiner geworden. Neue Ermittlungen muss er nicht befürchten.

(pet)
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