Deutscher Top-Funktionär Fifa entlässt Interimsgeneralsekretär Kattner

Die Fifa hat am Montag kurzen Prozess mit Markus Kattner, dem derzeit amtierenden Generalsekretär des Weltverbandes, gemacht. Das große Stühlerücken bei der Fifa setzt sich also fort.

 Markus Kattner wurde mit sofortiger Wirkung entlassen.

Markus Kattner wurde mit sofortiger Wirkung entlassen.

Foto: dpa, wb cgr bjh lb

Bei der Fifa bleibt fast genau ein Jahr nach der Implosion kein Stein auf dem anderen. Mit der fristlosen Kündigung des deutschen Vize-Generalsekretärs Markus Kattner hat der Fußball-Weltverband am Montagabend dem nächsten aus der "alten Garde" die Papiere in die Hand gedrückt - verbunden mit schweren Vorwürfen, die wieder einmal ein ganz schlechtes Licht auf die frühere Fifa-Führung werfen.

Hinter der kurzen, fünfzeiligen Mitteilung, in der Kattner "Verletzungen seiner treuhänderischen Verantwortung" zur Last gelegt werden, steckt nach Informationen des Sport-Informations-Dienstes der Verdacht, dass der 45-Jährige über Jahre hinweg mehre Millionen Euro in die eigene Tasche gesteckt hat. Kattner selbst war für eine Stellungnahme zu den Vorwürfen nicht zu erreichen.

Für diese vermeintlichen Bonuszahlungen von 2008 bis 2014 soll zwar ein (Zusatz-)Vertrag aufgesetzt worden sein - dieser sei aber nur einem ganz kleinen Kreis im Weltverband bekannt gewesen, berichtet eine der Untersuchung nahestehende Quelle. Das klingt ganz nach alten Zeiten.

Am 27. Mai (Freitag) jährt sich der Tag der Verhaftungen von Zürich, die den Weltverband tief in die Krise stürzten. Ex-Präsident Joseph S. Blatter (80) musste genauso wie Ex-Generalsekretär Jérôme Valcke (55) gehen, aus dem damaligen Exekutivkomitee sitzen gleich mehrere Mitglieder im Gefängnis oder vor Gericht. Kattner, der sei 2003 Fifa-Finanzchef war, sprang im September 2015 für Valcke ein und wurde zum "geschäftsführenden Generalsekretär" auf Zeit. Plötzlich stand der bis dahin eher unbekannte Deutsche im Scheinwerferlicht.

"Ich habe noch nie einen so ehrlichen Mann wie ihn getroffen", sagte Blatter der Nachrichtenagentur AFP: "Ich kenne die Gründe nicht, aber wenn es einen gibt, der bei der Fifa eine ehrliche und außergewöhnliche Arbeit geleistet hat, dann ist es Markus Kattner." Die Entlassung des 45-Jährigen sei für Blatter eine "große Überraschung" gewesen. Dass Präsident und Generalsekretär über etwaige Bonuszahlungen entschieden haben, wäre im Einklang mit den Statuten, sagte der Schweizer.

Dass der neue Präsident Gianni Infantino (45), der die Krise jüngst für beendet erklärt hatte, kein großer Fan des in Bayreuth geborenen Familienvaters war, ist kein großes Geheimnis. Kattner war lange dabei, und mittendrin bei den Deals, die viele, viele Fragen aufwerfen. Von der dubiosen Zahlung von 1,8 Millionen Euro von Blatters Fifa an den ebenfalls gefallenen Uefa-Präsidenten Michel Platini (60) hat der Deutsche gewusst, er war schließlich Finanzchef. Hinterfragt hat er die Summe, mit der sich auch die staatlichen Ermittler beschäftigen, aber offenbar nicht.

Der neue Vorwurf gegen den nun früheren Vize-Generalsekretär soll auf erst am vergangen Freitag entdeckten Dokumenten beruhen, die von den internen Ermittlern der US-Kanzlei Quinn Emanuel gefunden wurden. Eine direkte Verbindung zu den ganzen anderen Skandalen bestehe nicht. Der Entlassung wird wohl noch ein (Gerichts-)Verfahren folgen, geäußert hat sich Kattner bislang nicht.

Weiter geht es natürlich auch ohne Kattner. Demnächst tritt die neue Generalsekretärin Fatma Samoura ihren Dienst in Zürich an, die senegalesische Diplomatin soll endgültig für den Neuanfang stehen. Wer sie künftig vertritt, ist noch offen. Das Amt der "Nummer 2" bekam durch das Reformpaket eine deutliche Aufwertung - auf dem Papier sollte Samoura sogar mehr verdienen als Infantino. Ob das so kommt, wird jedoch erst der nächste Finanzbericht zeigen, der 2017 veröffentlicht werden wird.

(dpa)
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