Fifa-Präsident Blatter versucht, Beckenbauer und Niersbach aufzuhetzen

Frankfurt/Zürich · Nach der Wiederwahl von Fifa-Boss Joseph S. Blatter ist doch wieder alles so wie immer. Auch die tiefe Krise hat dem Schweizer nicht großartig geschadet - weil seine Gegner außer leeren Drohungen nichts zustande brachten.

FIFA: Sepp Blatter feiert seine Wiederwahl als Präsident
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Blatter feiert seine Wiederwahl

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Nach dem weltweiten Sturm der Entrüstung und dem "Hass" aus den eigenen Reihen geht Joseph S. Blatter nun selbst zum Angriff über. Mit der absoluten Mehrheit des tief in der Krise steckenden Fußball-Weltverbandes im Rücken kanzelte der alte und neue Fifa-Präsident erst seinen Widersacher Michel Platini ab - und versuchte dann, einen Keil zwischen Franz Beckenbauer und Wolfgang Niersbach zu treiben.

"Ich habe mit Franz Beckenbauer telefoniert. Er sagte mir, er jedenfalls habe den deutschen Verbandspräsidenten zusammengefaltet, weil der gegen mich stimmte", berichtete Blatter im Schweizer SonntagsBlick. Beckenbauer bestätigte zwar das Gespräch mit dem Präsidenten des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) nach der umstrittenen Wiederwahl Blatters. Von "zusammenfalten" könne aber "überhaupt keine Rede sein", sagte er der Bild: "Wolfgang Niersbach und ich haben ein herzliches und offenes Verhältnis."

FIFA: "Am Ende gewinnt immer Blatter" - Pressestimmen
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Pressestimmen zu Blatters Wiederwahl

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Dennoch stand die am Sonntag über die beiden Boulevardzeitungen ausgetragene Episode sinnbildlich für den tiefen Riss im Weltverband. Die scharfe Kritik sowie die Rücktrittsforderungen vonseiten der Europäischen Fußball-Union (Uefa) vor der Wahl in Richtung Blatter sind nicht spurlos an dem 79-jährigen Blatter vorbeigegangen. Nach seinem Triumph gegen Prinz Ali bin Al Hussein (133:73 Stimmen) bleibt er aber bis 2019 Fifa-Präsident.

Blatter spricht von Hass

"Mich haben 133 Nationalverbände gewählt, aber ich bin auch der Präsident von denen, die mich nicht gewählt haben", mahnte der seit 1998 amtierende Fifa-Boss. Im Schweizer Fernsehen sprach er von "Hass" gegen sich - ohne Platinis Namen zu erwähnen, wussten dennoch alle, wer gemeint war. "Ich verzeihe jedem, aber ich vergesse nicht", betonte Blatter.

Die Uefa geht trotz der schweren Korruptionsvorwürfe gegen hochrangige Fifa-Funktionäre als klarer Verlierer der denkwürdigen drei Tage von Zürich in die kommenden Jahre. Der Plan mit Prinz Ali war nicht aufgegangen, die Boykottandrohungen im Zuge der Ermittlungen der US- und Schweizer Behörden entpuppten sich als heiße Luft. Einzig der Engländer David Gill blieb der Sitzung des neuen Exekutivkomitees am Samstag in Zürich fern. Niersbach und Platini saßen mit Blatter an einem Tisch. Sie verhinderten aber immerhin die nächste schallende Ohrfeige für die Uefa.

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Das Exko bestätigte "ohne Kampfabstimmung" (Niersbach) die Verteilung der WM-Startplätze. Bei der Endrunde in Russland (2018) gehen 14 europäische Teams an den Start (13 plus Gastgeber), vier Jahre später in Katar 13. "Man ist sich aber darüber im Klaren, dass man zumindest darüber diskutieren muss, mit Blick auf 2026 über eine Erhöhung zu sprechen - möglicherweise bis hin zu 40 Teilnehmern", sagte Niersbach, der sich sehr bemühte, den Bruch zwischen Fifa und Uefa in den Hintergrund zu drängen.

"Es gibt jetzt kein Ende der Beziehungen und keinen Abbruch der Kooperation", sagte der DFB-Präsident: "Fest steht, dass die Uefa mehrheitlich den Wechsel an der Fifa-Spitze wollte, dafür eingetreten ist und dafür votiert hat. Aber letztlich ist es ein demokratischer Prozess, den man respektieren muss." Viel mehr ist auf vom angekündigten "Krisengipfel" der Uefa-Nationen am Rande des Finales der Champions League in Berlin (6. Juni) nicht zu erwarten. Statt weiter offen die Konfrontation mit Blatter zu suchen, warb Niersbach für Kooperation im Zeichen der Krise.

"Uns allen ist bewusst, dass diese Schwierigkeiten mit dem Kongress und der Exko-Sitzung nicht vorbei sind, und dass da auch eine innere Unruhe herrscht sowie die Sorge über das, was da noch kommt", sagte der 64-Jährige. Die Krise ist noch längst nicht vorbei.

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"Ich bin ziemlich sicher, dass es noch weitere Anklagen gegen Fußball-Funktionäre geben wird", sagte Richard Weber, Leiter der Kriminalabteilung bei der US-Steuerbehörde IRS, der New York Times: "Wir glauben sehr stark, dass noch andere Personen und Institutionen in kriminelle Machenschaften verwickelt sind."

Bislang richtete sich die Anklage der US-Staatsanwaltschaft gegen 14 Personen, darunter neun Fifa-Offizielle. Zudem ermittelt die Schweizer Bundesanwaltschaft wegen "Unregelmäßigkeiten" bei den WM-Vergaben an Russland und Katar. Der Name Blatter taucht dort bislang nicht auf.

"Das war wirklich ein Erdbeben, das uns da erschüttert hat", sagte der Fifa-Präsident und vertrat erneut seine umstrittene Einzeltäter-These: "Ich weiß nicht genau, wie die Fifa als Organisation davon betroffen ist." Er selbst sei nicht betroffen. Und: "Der Kongress ist der Meinung, dass ich der richtige Mann bin, um die Probleme zu lösen."

(sid)
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