Fifa-Präsident zunehmend isoliert "Sepp tanzt auf seiner persönlichen Titanic"

Zürich · Der wiedergewählte Fifa-Boss Joseph S. Blatter steht in der Schlacht um die Macht im Fußball-Weltverband mit seinen 133 Vasallen scheinbar alleine gegen den Rest der Welt. Anders als vom Schweizer erhofft hat sich sein 133:73-Wahlsieg gegen den jordanischen Prinzen Ali bin Al Hussein in der tiefsten Krise der Fifa-Historie nicht als Befreiungsschlag erwiesen.

FIFA: Sepp Blatter feiert seine Wiederwahl als Präsident
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Blatter feiert seine Wiederwahl

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"Sepp tanzt auf seiner persönlichen Titanic", beschrieb die italienische Sportzeitung "Gazzetta dello Sport" nach dem bizarren Schauspiel in Zürich die Stimmung rund um den Globus.

Mehr als weltweiter Hohn und Spott jedoch müssen Blatter die lauernde US-Justiz und die brüskierten Sponsoren seines Milliarden-Imperiums Sorgen machen. Mit Druck statt Glückwünschen reagierten mehrere US-Werbepartner auf die Kongress-Mehrheit für "König Sonne" (Corriere della Sera), der zur Beruhigung der Lage "persönliche Besuche" bei den Geldgebern seines Milliarden-Imperiums ankündigte.

FIFA: "Am Ende gewinnt immer Blatter" - Pressestimmen
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Pressestimmen zu Blatters Wiederwahl

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Auch die US-Ermittlungen, die in Zürich zu Festnahmen von zwei Fifa-Vizepräsidenten und weiteren hochrangigen Fußball-Funktionären geführt haben, dürften Blatter nach dem "kleinen Sturm" (Blatter) kaum eine Atempause erlauben.

"Die Welt", teilte der Fastfood-Riese McDonald's mit, "erwartet konkrete Maßnahmen, und das erwarten wir auch. Wir erwarten, dass die Fifa jetzt schnell, entschlossen und transparent die Reputation wiederherstellt - zum Wohle des Spiels und zum Wohle der Fans, die nicht weniger als das erwarten." Auch die Anheuser-Busch-Brauerei mahnte: Die Fifa muss für die Fans weltweit dafür stehen, dass der Fußball die Menschen zusammenbringen kann."

Ähnliche Botschaften sandten auch andere Fifa-Sponsoren, während der Kreditkarten-Konzern Visa in Blatters Wiederwahl ausdrücklich keinen Anlass zur Rücknahme seiner Ausstiegsdrohung sah. "Unsere Enttäuschung und Besorgnis ist schwerwiegend. Es ist wichtig, dass jetzt ein Wandel herbeigeführt wird. Wir haben die Fifa informiert, dass wir unser Sponsoring überprüfen werden, sollte die Fifa das nicht schaffen", hatten die Kalifornier nach dem "schwarzen Mittwoch" erklärt.

So reagiert das Netz auf Blatters Wiederwahl
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Bald könnten auf die Fifa und Blatter noch weitere Hiobsbotschaften zukommen. "Ich bin ziemlich sicher, dass es noch weitere Anklagen gegen Fußball-Funktionäre geben wird", sagte Richard Weber als Leiter der Kriminalabteilung bei der US-Steuerbehörde IRS der New York Times: "Wir glauben sehr stark, dass noch andere Personen und Institutionen in kriminelle Machenschaften verwickelt sind."

Der New Yorker Staatsanwalt Kelly Currie hatte bereits nach den Festnahmen in der Schweiz erklärt, dass die US-Ermittler erst am Anfang ihrer Aufklärungsbemühungen stünden und nicht schon am Ende. Auf Kooperation des früheren Fifa-Vize Jack Warner (Trinidad und Tobago) können Curries Leute dabei nicht zählen. Der 72-Jährige, der am Mittwoch in seiner Heimat nach vorübergehender Festnahme gegen rund 360.000 Euro Kaution wieder auf freien Fuß kam, wies die Geldwäsche-, Betrugs- und Korruptionsvorwürfe rigoros zurück.

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Auf einer Pressekonferenz in Port of Spain bezeichnete Blatters schillernder Ex-Vertrauter die US-Ermittlungen als Vergeltungsmaßnahme für die Niederlage bei der Bewerbung um die WM-Endrunde 2022 gegen Katar. "Als sie mich ins Gefängnis steckten, dachten sie, sie würden mich brechen, aber im Gegenteil: Sie haben mich nur stärker gemacht", sagte der frühere Boss des Kontinentalverbandes Concacaf (Nord- und Mittelamerika sowie Karibik).

Entsetzen hat Blatters Wiederwahl bei seinem vorzeitig aus dem Wahlkampf ausgestiegenen Rivalen Luis Figo ausgelöst. "Die Wiederwahl von Herrn Blatter zeigt, wie krank die Fifa ist", schrieb Portugals früherer Weltfußballer bei Facebook: "Wenn Herr Blatter auch nur minimal um die Entwicklung des Fußball besorgt wäre, hätte er auf eine Wiederwahl verzichtet. Wenn er aber jetzt auch nur ein Minimum an Anstand besitzt, tritt er in den nächsten Tagen zurück."

(sid)
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