Fifa-Korruptionsskandal Blatter unter Druck — doch die Vasallen stehen treu zu ihm

Zürich · Nach den Festnahmen von Fifa-Funktionären ist in Zürich alles bereitet für einen Showdown: Wie wird Verbandsboss Blatter reagieren? Hochkaräter aus der Welt des Fußballs fordern ein Ende der Regentschaft des Schweizers.

Fifa-Skandal: Das sind die festgenommenen Funktionäre
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Das sind die festgenommenen Funktionäre

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Vor seiner erwarteten Wiederwahl zum Fifa-Boss und nach den Festnahmen und Korruptionsvorwürfen gegen mehrere Topfunktionäre des Weltfußballverbandes wächst der Druck auf Präsident Joseph Blatter. Der Fifa-Präsident meidet angesichts des neuerlichen Skandals im Fußball-Weltverband zunächst die Öffentlichkeit. Der 79-jährige Schweizer sollte am Donnerstagmorgen im Züricher Swissotel die Eröffnungsrede zum zweiten Teil der Fifa-Medizinkonferenz halten. Er sagte diesen Termin jedoch ab.

Gegenwind von der Uefa

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Foto: Kiosko.net

Gegenwind bekam der Schweizer von seinen Dauerkritikern bei der Uefa und aus dem Mutterland des Fußballs: Der Vorsitzende des englischen Fußballverbandes FA, Greg Dyke, forderte am Donnerstag im Kongressort Zürich, Blatter solle zurücktreten. Im Raum steht zudem, ob der Kongress wegen der Festnahmen verschoben wird.

Er sei nicht von Blatters Erklärung überzeugt, dass die Fifa das Vertrauen der Fußballfans wiedererlangen könne, indem sie ihre Bemühungen im Kampf gegen Korruption erhöhe, sagte Dyke. "Es gibt keinen Weg, um Vertrauen in die Fifa wiederaufzubauen, während Sepp Blatter nach wie vor da ist."

Dyke sieht den europäischen Fußballverband Uefa in der Pflicht, Blatter aus dem Amt zu drängen. Die Uefa hatte zuvor eine sechsmonatige Verschiebung der für Freitag angesetzten Präsidentschaftswahl gefordert. Bei der Abstimmung wird erwartet, dass Blatter in eine fünfte, vierjährige Amtszeit geschickt wird. Sein einziger Gegenkandidat ist Prinz Ali bin al-Hussein von Jordanien. Blatter kann sich in seinem Bemühen um eine fünfte Amtszeit der Stimmen der AFC und des CAF gewiss sein — dies reicht schon fast für die Mehrheit bei 209 Stimmberechtigten.

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Denn Blatters Vasallen stehen auch im schlimmsten Skandal treu zu Joseph S. Blatter. Die asiatische Konföderation AFC teilte einen Tag vor der Präsidentschaftswahl im Weltverband mit, zwar "enttäuscht und traurig" zu sein, eine Verschiebung der Wahl komme jedoch nicht infrage: "Und die AFC steht zu ihrer Entscheidung, Blatter zu unterstützen." Eine klare Botschaft - der einzige Gegenkandidat für den übermächtigen Amtsinhaber, Prinz Ali bin Al Hussein (Jordanien), kommt aus dem eigenen Haus.

Wie reagieren die Sponsoren?

Die Gefolgschaft hatte zuvor auch der afrikanische Kontinentalverband CAF Blatter (79) versichert. Dennoch: Der Schweizer steht unter Druck wie nie. Interessant dürfte sein, inwieweit die Sponsoren der Fußballwelt reagieren werden. Nike kündigte an, mit den US-Behörden zu kooperieren. Zwar wird der Sportartikelhersteller nicht namentlich vom US-Justizministerium beschuldigt. Doch wurde mit Blick auf Bestechungsvorwürfe rund um Verträge mit dem Fußballverband Brasiliens auf ein "multinationales Sportbekleidungsunternehmen mit Hauptsitz in den Vereinigten Staaten" hingewiesen.

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Foto: dpa, fve jhe bre nic

Ohne zu bestätigen, dass Nike damit gemeint sei, teilte der Konzern mit, er sei wegen der "sehr ernsthaften Vorwürfe" beunruhigt. Nike ist kein offizieller Fifa-Sponsor, bezahlt aber dafür, dass die brasilianische und andere Nationalmannschaften ihre Trikots, Hosen und Stutzen tragen. Zudem drohen weitere unverzichtbare Geldgeber angesichts des neuerlichen Skandals mit ihrem Ausstieg. Ohne einen Wandel werde es "sein Engagement überdenken", teilte das Kreditkarten-Unternehmen Visa mit und drückte seine "tiefe Enttäuschung und große Sorge" aus.

Blatter selbst hatte eine enge Zusammenarbeit mit den Behörden angekündigt. Jegliches Fehlverhalten werde aufgeklärt, teilte er am Mittwochabend in Zürich mit. Skandale und Gerüchte haben die Fifa während Blatters 17-jähriger Regentschaft stets begleitet. Der 79-Jährige wurde jedoch in keiner der Ermittlungen am Mittwoch benannt.

Als Reaktion auf die Vorwürfe sperrte die Fifa elf Funktionäre vorläufig von allen Fußballaktivitäten. Dazu gehören auch die sieben Verhafteten, darunter die Fifa-Vizepräsidenten Jeffrey Webb und Eugenio Figueredo.

Gegenkandidat Prinz Ali sagte nach Bekanntgabe der Festnahmen, die Fifa müsse sich ändern und brauche eine Führung, die die nationalen Verbände schütze und das Vertrauen von Millionen Fußballfans weltweit wiedergewinne.

Warner stellt sich in der Heimat

Fern des Fifa-Hauptquartiers in Zürich gab es in der Nacht zu Donnerstag neue Entwicklungen. Blatters per Haftbefehl gesuchter ehemaliger Vize-Präsident Jack Warner stellte sich in seiner Heimat Trinidad und Tobago der Polizei, er wurde in der Hauptstadt Port of Spain einem Richter vorgeführt.

Die Schweizer Behörden hatten am Mittwoch zum Doppelschlag gegen Funktionäre des Weltfußballverbands ausgeholt: Sie nahmen auf Antrag der US-Behörden die sieben Funktionäre in einem Luxushotel in Zürich unter dem Verdacht fest, von 1990 bis heute mehr als 100 Millionen Dollar Bestechungsgeld angenommen zu haben. Sie sollten in die USA ausgeliefert werden. Vier andere Fußball- und Marketingfunktionäre sowie zwei Gesellschaften stimmten laut Staatsanwaltschaft zu, sich schuldig zu bekennen. Zudem eröffnete die schweizerische Staatsanwaltschaft ein Strafverfahren im Zusammenhang mit der Vergabe der Weltmeisterschaften 2018 und 2022 an Russland und Katar.

Eine Fußball-Legende hatte laut eigenen Angaben schon seit Jahren darauf hingewiesen, dass die Fifa korrupt sei: Diego Maradona sagte im argentinischen Radio, seine Vorwürfe seien jedoch nie ernst genommen worden. "Ich wurde behandelt wie eine verrückte Person", sagte Maradona. "Jetzt hat das FBI die Wahrheit gesagt." Brasiliens früherer WM-Star Romário sagte, "irgendjemand musste sie eines Tages schließlich festnehmen".

(ap/sid)
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