Fifa-Skandal WM ohne Deutschland?

Zürich · Angesichts der Vorfälle um den Fußball-Weltverband Fifa schließen die Europäer einen Verzicht auf ihre Teilnahme an der WM nicht aus. Obwohl Präsident Blatter weltweit in der Kritik steht, wird er wohl bleiben.

FIFA: Weltrangliste bei Uefa-Boykott
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Fifa-Weltrangliste im Mai 2015 ohne europäische Teams

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Fifa-Präsident Joseph Blatter kann sich trotz verheerender Reaktionen auf die jüngst bekanntgewordenen Skandale des Fußball-Weltverbandes auf eine fünfte Amtszeit einrichten. Nachdem die europäische Anti-Blatter-Fraktion die heutige Vollversammlung der 209 Mitgliedsländer entgegen ersten Überlegungen doch nicht boykottieren wird, gilt die Wiederwahl des 79-Jährigen als sicher - obwohl die Uefa den Gegenkandidaten, den jordanischen Prinzen Ali bin al Hussein, mit so vielen Stimmen wie möglich unterstützen will.

Für den Fall eines Blatter-Sieges baute Uefa-Boss Michel Platini eine bislang nicht gekannte Drohkulisse auf, indem er einen Rückzug der europäischen Mannschaften aus allen Fifa-Wettbewerben nicht ausschloss. Bei einer Sondersitzung rund um das Champions-League-Finale in Berlin werde man in der kommenden Woche "alle Möglichkeiten ins Auge fassen", sagte der Franzose in Zürich. Damit wolle er zwar noch keinen WM-Boykott ankündigen, doch werde es dazu "demokratische Entscheidungen" der Landesverbände geben. Eine weitere Option ist laut Platini offenbar ein kollektiver Austritt der europäischen Mitglieder aus dem Fifa-Exekutivkomitee (Exko), der Weltregierung des Fußballs: "Wenn wir diese Abstimmung nicht gewinnen, dann treffen wir uns mit allen Generalsekretären und Präsidenten beim Champions-League-Finale in Berlin. Je nach Ausgang der Wahl werden wir sehen, ob wir dabei sind oder nicht im Exko."

Der englische Verbandspräsident David Gill hat bereits angekündigt, seinen Platz in der Fifa-Exekutive bei einem Blatter-Sieg nicht einzunehmen. DFB-Chef Wolfgang Niersbach will sich diesbezüglich noch nicht festlegen: "Das ist ein Abwägen: Boykottiert man etwas oder geht man ins Exko rein und hat die Chance, auch wirklich etwas zu verändern."

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Foto: Screenshot / twitter.com/dassalz

Blatter selbst erklärte gestern bei der Eröffnung des Fifa-Kongresses in Zürich: "Ich kann nicht ständig auf alle aufpassen. Wenn Menschen Falsches tun wollen, werden sie auch versuchen, es zu verbergen." Die Verfehlungen seien eine Schande und beschämend. Es gelte, Vertrauen zurückzugewinnen.

Der Skandal um korrupte Fifa-Funktionäre und die Untersuchungen der Schweizer Justiz zu den WM-Vergaben 2018 und 2022 in der Fifa-Zentrale beschäftigt inzwischen höchste politische Kreise. Kremlchef Wladimir Putin hat den USA ungerechtfertigte Einmischung vorgeworfen und sich hinter Blatter gestellt. Das FBI hatte sieben Fifa-Funktionäre durch das Schweizer Bundesamt für Justiz wegen des Verdachts auf Bestechung, Geldwäsche und Erpressung festnehmen lassen. Insgesamt stehen 14 Personen unter Korruptionsverdacht. Blatter-Vize Jeffrey Webb (Kaymaninseln) wurde gestern vorläufig des Amtes als Präsident des Kontinentalverbands von Nord- und Mittelamerika enthoben.

Druck kommt inzwischen auch von den Sponsoren: Das Kreditkartenunternehmen Visa mahnte "rasche Maßnahmen" an. Andernfalls werde man das Sponsoring neu bewerten müssen. Der Automobilhersteller Hyundai erklärte: "Als Unternehmen, für das ethische Normen und Transparenz den höchsten Stellenwert besitzen, sind wir extrem besorgt." Der deutsche Sportartikelhersteller Adidas und Coca-Cola äußerten ebenfalls Kritik.

Die Fifa-Skandale unter Sepp Blatter
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Foto: dpa, fve jhe bre nic

"Jeder, der dabei ist und sich jetzt in dieser neuen aktuellen Situation nicht wehrt und seine Stimme nicht erhebt, ist ein Mittäter. Das kann es nicht sein", sagte Michael Schade, Geschäftsführer von Bayer 04 Leverkusen, unserer Zeitung.

(RP)
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