Offener Brief an die Vereine Niersbach präsentiert Zehn-Punkte-Plan zur Fifa-Rettung

Frankfurt/Main · Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) will den Skandal beim Weltverband Fifa bekämpfen. Präsident Wolfgang Niersbach hat eine Reform-Agenda präsentiert.

Wolfgang Niersdbach: Vom Journalisten zum Macher im Weltfußball
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Das ist Wolfgang Niersbach

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Foto: dpa, Arne Dedert

Der DFB und sein Boss lassen (endlich) die Muskeln spielen: Der Deutsche Fußball-Bund will den ausufernden Skandal beim Weltverband Fifa an vorderster Front bekämpfen und sich an die Spitze einer Reformbewegung setzen. Präsident Wolfgang Niersbach hat in einem Offenen Brief an die 6,8 Millionen Mitglieder des größten Einzelverbands der Welt sein Zehn-Punkte-Programm zur Fifa-Reform vorgelegt — es riecht stark nach dem Wahlprogramm eines Präsidentschafts-Kandidaten.

Die Agenda Niersbachs kann und muss wohl als Programm für den Fall seiner Kandidatur als Nachfolger des scheidenden Präsidenten Joseph S. Blatter gewertet werden. Bisher hat der 64-Jährige angebliche Ambitionen zwar bestritten, derart detaillierte Absichten hat aber bisher keiner der potenziellen Anwärter auf das Blatter-Erbe vorgelegt.

"Es ist traurig zu sehen, wie Gier und fehlende Moral einiger Weniger den gesamten Fußball unter einen Generalverdacht stellen", schrieb Niersbach an die Mitglieder: "Es ist längst überfällig, all diejenigen ins Abseits zu stellen, die sich nicht an die Spielregeln halten. Die Fifa braucht nicht nur einen schnellen personellen Wechsel an der Spitze. Sie braucht mehr Kontrolle, mehr Transparenz. Sie braucht Verlässlichkeit, Seriosität und Verbindlichkeit."

Das neu gewählte Mitglied des Fifa-Exekutivkomitees machte deutlich, dass der DFB nun eine Vorreiterrolle anstrebt. "Auch der größte Verband der Fifa hat nur eine Stimme, die nicht in jedem Teil der Welt Gehör findet. Aber wir sehen es als unsere Aufgabe an, diese Stimme zu erheben", schrieb Niersbach: "Wir wollen Reformen, wir wollen Veränderung. Und wir werden sie einfordern."

In zehn wohlformulierten Punkten machte der frühere Journalist deutlich, was genau er und der DFB fordern. Für "dringend geboten" hält Niersbach den schnellstmöglichen Abgang Blatters, der Stand jetzt erst Ende diesen oder Anfang kommenden Jahres seinen Posten räumen will.

Mit Blick auf die Korruptionsvorwürfe verlangt Niersbach von der Fifa "vollumfänglich mit den ermittelnden Behörden zusammenarbeiten". Um zukünftig ähnliche Skandale zu verhindern, regt der DFB-Boss die Einführung eines "Integritätschecks" an: "In den wichtigsten Gremien des Weltfußballs dürfen nur absolut verlässliche Persönlichkeiten sitzen."

Das gilt auch für das Exekutivkomitee. Deshalb sollen die Mitglieder laut Niersbach durch den Kongress gewählt, und nicht mehr wie bisher durch die Kontinentalverbände entsendet werden. Um die Machtfülle der Chefetage zu beschränken, sollte die Amtszeit des Präsidenten auf maximal zwölf Jahre beschränkt sein.

Außerdem fordert Niersbach mehr Transparenz bei den WM-Vergaben und eine vorherige Prüfung der Bewerber, um so ungeeignete WM-Anwärter schon im Vorfeld auszuschließen. Freie Meinungsäußerung, Pressefreiheit, der Schutz von Minderheiten, Toleranz, Respekt, die Gewährleistung von Arbeitnehmerrechten und Sicherheitsstandards müsste jeder WM-Gastgeber garantieren. Der DFB habe bei der Bewerbung für die WM 2006 im Übrigen "nicht mit unlauteren Methoden agiert, vielmehr bekam Deutschland nach acht Jahren akribischer Arbeit 2000 in einem sauberen Verfahren den Zuschlag", so Niersbach.

Zum Abschluss seines Programms forderte der deutsche Verbands-Chef eine bessere Kontrolle der Geldflüsse ("Es muss unser gemeinsames Ziel sein, dass sich Einzelne nicht auf Kosten des Fußballs skrupellos persönlich bereichern") und die Überprüfung des bisherigen Systems "Ein Land, eine Stimme" - zugunsten des DFB: "Eine gewisse Stimmengewichtung anhand der Größe und der sportlichen Relevanz der Verbände halte ich für zielführend."

Wie zielführend die Agenda Niersbachs mit Blick auf eine mögliche Kandidatur ist, werden die kommenden Wochen zeigen. In jedem Fall hat der weltweit hervorragend vernetzte DFB-Präsident andere Anwärter wie Michel Platini, Prinz Ali bin Al Hussein, Michael van Praag oder Scheich Ahmad al Fahad al Sabah erst einmal unter Zugzwang gebracht.

(sid)
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