Rücktritt als Bondscoach Guus Hiddink: ein elfmonatiges Missverständnis

Die EM-Quali ist in Gefahr, nun ziehen der niederländische Verband und Guus Hiddink die Konsequenzen. Der Trainer ist nicht mehr länger der Bondscoach. Ex-Profis geben auch dem Verband eine Mitschuld. Ein Missverständnis schien es von Beginn an.

 Guus Hiddink hat nach nur elf Monaten aufgegeben.

Guus Hiddink hat nach nur elf Monaten aufgegeben.

Foto: afp

Für die niederländische Zeitung "De Volkskrant" steht fest: Guus Hiddinks Elf-Monats-Missverständnis ist auch eng mit Arjen Robben verbunden. Bayerns verletzungsgeplagte Offensivkraft stand dem 68-Jährigen nicht immer zur Verfügung. Nur Platz drei in der Gruppe A und damit das Zittern um die Qualifikation für die EM 2016 sind die Folge. Der Abgang nach nicht mal einem Jahr als Bondscoach ist die Konsequenz. "Hiddink hatte auch kein Glück, weil er fast nie über seinen besten Spieler verfügen konnte: Robben."

Vize-Weltmeister 2010, WM-Dritter 2014, aber derzeit auf dem Weg zur EM in Frankreich nur auf dem bescheidenen Rang drei hinter Island und Tschechien. Nach dem Weggang des erfolgreichen Louis van Gaal nach der WM im vergangenen Sommer berief der niederländische Verband wie schon 1994 Hiddink zum Cheftrainer. Damals schaffte er vier Jahre, diesmal nicht mal zwölf Monate. "Ich finde es schade, dass es so gelaufen ist", sagte Hiddink. "Es ging nicht mehr", meinte das "Algemeen Dagblad".

Das Problem war: Es ging von Anfang an nicht. Das erste Pflichtspiel verlor Hiddinks Team im September mit 1:2 durch einen Treffer in der Nachspielzeit in Prag gegen Tschechien - Robben fehlte in der Partie. Gegen Kasachstan gelang erst in den Schlussminuten ein 3:1-Sieg, diesmal mit Robben. Auch gegen Island spielte der superschnelle Dribbler. Holland unterlag trotzdem beim Spitzenreiter 0:2. Immerhin: Gegen Lettland gab es danach ein 6:0 mit zwei Robben-Toren und einem Doppelpack von Schalkes Klaas-Jan Huntelaar. Das Auf und Ab hörte aber einfach nicht auf: 1:1 ohne Robben gegen die Türkei, zuletzt ein 2:0 ohne Robben in Lettland.

"Ich bedaure diese Entwicklung", sagte der für den Profifußball zuständige KNVB-Direktor Bert van Oostveen nun zum Ende von Hiddinks Engagement. Dessen Arbeit sei in den Resultaten leider nicht für alle sichtbar. Man danke ihm aber für den Einsatz.

Hiddink habe sich am Erbe von van Gaal verhoben, meinte "De Telegraaf" und gab dem Verband "eine Mitschuld am Scheitern" des weit gereisten Trainer-Routiniers, der unter anderem in der Türkei bei Fenerbahce Istanbul, in Spanien bei Real Madrid, in England beim FC Chelsea sowie Nationaltrainer in Südkorea, Australien und Russland war. "Es ging schon bei seiner Anstellung schief", urteilte Ex-Nationalspieler Ruud Gullit. "Während jeder klar war für eine neue Generation von Trainern, entschied sich KNVB-Direktor Van Oostveen für den alten Hiddink." Für Gullit eine verpasste Chance, "vor allem weil jemand von der neuen Generation wie Ronald Koeman selbst gerne wollte".

Doch der Koninklijke Nederlandse Voetbalbond entschied sich für Hiddink. Ausgestattet wurde er mit einem Vertrag bis nach der EM in Frankreich im nächsten Sommer, dann sollte sein Assistent Danny Blind zum Chefcoach befördert werden. Die vorgezogene Ernennung des 53-Jährigen lässt nun aber vorerst auf sich warten, was manch einen mehr überraschte als Hiddinks Aus. Er hatte jüngst schon mit einem Rücktritt geliebäugelt. Ob sein Ende auf der Trainerbank der Niederländer nur aus eigenem Antrieb kam, dürfte aber zumindest bezweifelt werden. Ebenso, ob allein Robbens Ausfälle schuld an der Misere von Oranje sind.

(dpa)
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