Fifa-Präsident sauer auf Kritiker "Viele Fake News und alternative Fakten"

Manama · Ohne die Zustimmung des DFB hat der Fifa-Kongress die Ablösung der Chef-Ethiker abgesegnet. Fifa-Präsident Gianni Infantino nutzte die Bühne zur Generalabrechnung à la Trump.

 Fifa-Präsident Gianni Infantino.

Fifa-Präsident Gianni Infantino.

Foto: ap, DC

DFB-Präsident Reinhard Grindel sah alles andere als begeistert aus, als Gianni Infantino zum Rundumschlag ausholte. Zwei Tage nach der weltweit kritisierten Ablösung der Chef-Ethiker rechtfertigte der Präsident des Fußball-Weltverbandes energisch den Kurs seiner "neuen" Fifa - und bediente sich dafür beim US-Präsidenten Donald Trump.

"Es gibt viele Fake News über die Fifa, das Fifa-Bashing ist in gewissen Ländern ein Volkssport geworden", beklagte der Schweizer während seiner Rede beim Fifa-Kongress in Manama/Bahrain: "Ich kann auch nachvollziehen, warum. Aber die Fifa hat sich verändert. Sie ist eine Demokratie, keine Diktatur."

Grindel verfolgte Infantinos Worte auf dem Podium des Kongresszentrums aus nächster Nähe. Als der Kongress über die Neubesetzung der Ethik- und der Gouvernance-Kommissionen abstimmte, enthielt sich der Deutsche Fußball-Bund - dennoch stimmten jeweils 97 Prozent der Nationalverbände für die en-bloc-Neubesetzung in den beiden Ethik-Kammern.

"Wir finden die Ablösung von Hans-Joachim Eckert und Cornely Borbely falsch, wollen auf der anderen Seite aber auch den neuen Vorsitzenden eine faire Chance geben, den Reformprozess im Sinne der beiden fortzusetzen", sagte Grindel, der sich schon während der entscheidenden Sitzung des Fifa-Council erfolglos gegen die Ausbootung ausgesprochen, dort aber für Infantinos Kandidaten votiert hatte.

Zum Eckert-Nachfolger in der rechtsprechenden Kammer wurde Vassilios Skouris gewählt, der Grieche war zwölf Jahre lang Präsident des Europäischen Gerichtshofes. Borbelys Ermittlungen sollen über die kolumbianische Top-Juristin Maria Claudia Rojas laufen.

Infantino tat den Rauswurf von Eckert und Borbely als völlig normalen "Prozess" ab - und trat gegen die Geschassten nach. "Ich finde es etwas traurig, dass es noch Hunderte offene Fälle geben soll", sagte Infantino: "Ich hoffe, dass sie jetzt behandelt werden." Die großen Entscheidungen (Blatter, Platini) seien zudem die gewesen, bei "denen die staatlichen Behörden eingegriffen haben", sagte der 47-Jährige, der dafür auch am Donnerstag massiv kritisiert wurde.

"Die Art und Weise, wie die beiden aus dem Amt befördert worden sind, ist unsäglich, ungezogen und vor allem aus Fifa-Sicht auch dumm!", sagte der frühere Außenminister Klaus Kinkel, der seit November der DFB-Ethikkommission vorsitzt: "Dass der Eindruck entsteht, dass hier erfolgreich versucht wurde, unbequeme Ermittler loszuwerden, ist doch sonnenklar und war vorauszusehen."

Infantino, gegen den im vergangenen Sommer ermittelt worden war, ließ offen, ob er auch die Nachrichten von und über die Ethikkommission für "Fake News" hält. "Viele verbreiten falsche Informationen, um der Organisation zu schaden", sagte der Schweizer: "Das ist ein Gefühl, das ich jetzt habe."

Weitere Fakten schuf der Fifa-Kongress kaum: Die "Mega-WM" 2026, die erstmals mit 48 statt 32 Mannschaften gespielt werden wird, soll im Sommer 2018 in Moskau vergeben werden. Die USA, Kanada und Mexiko, die gerne schon in Bahrain als Ausrichter bestimmt worden wären, bleiben für die Ausrichtung haushoher Favorit.

Der Reformprozess wäre aber "konterkariert" worden, "wenn man bei dem ersten Verfahren, bei dem die Reformen greifen sollen, dann zu einer Vorvergabe kommt", sagte Grindel. Spekuliert wird über eine konkurrierende Bewerbung aus Marokko, die bis zum 11. August eingereicht werden müsste.

Im Konflikt zwischen Israel und Palästina konnte erneut keine Lösung gefunden werden. Das Council will sich bis Oktober mit dem Problem befassen, das im Grunde darauf beruht, dass Klubs, die in der israelischen Liga spielen, im palästinensischen Gebiet beheimatet sind.

"Ich bin auch nicht glücklich darüber, dass wir keine Entscheidung treffen konnten. Das beginnt bei den Vereinten Nationen und endet bei den einzelnen Staaten", sagte Infantino: "Ich habe gelesen, dass sich US-Präsident Trump mit dem Komplex befassen will. Wenn er eine gute Idee hat, übernehme ich sie gerne für die Fifa."

(sid/dpa)
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