Schwerverletzte in Rom Gewalt rückt italienisches Pokalfinale in den Hintergrund

Krawalle, Gewalt, eine Schießerei und ein Fan in Lebensgefahr: Die erschreckende Bilanz des Pokal-Finals erschüttert Italien. Der Fußball sucht verzweifelt nach einem Rezept gegen die Gewalt.

AC Florenz gegen SSC Neapel in Coppa Italia: Fans schwebt in Lebensgefahr
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Schießerei vor italienischem Pokalfinale

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Foto: dpa, mau ss

Die erneute Eskalation der Gewalt mit Schüssen und einem lebensgefährlich verletzten Fan vor dem Pokal-Finale hat Italiens Fußball schockiert. "Was für eine Schande", titelte der "Corriere dello Sport" am Sonntag, nachdem der 3:1-Sieg des SSC Neapel über den AC Florenz im Endspiel um die Coppa Italia von Gewalt überschattet worden war. Mindestens zehn Menschen wurden bei Krawallen und Auseinandersetzungen in Rom verletzt, drei Neapel-Fans von Schüssen getroffen. Ein 30-Jähriger kämpfte am Sonntag noch um sein Leben.

Die Empörung in Italien war am Tag nach dem Skandal-Finale groß. Der Präsident des italienischen Fußball-Verbandes (FIGC), Giancarlo Abete, urteilte: "Der Fußball ist das Opfer dieser Situationen: Die Ultras nutzen die Stadien für Machtdemonstrationen." Auch Roms Bürgermeister Ignazio Marino verurteilte die Vorfälle als "beschämend und intolerabel." Die "Gazzetta dello Sport" kommentierte: "Schüsse in Rom, Blut auf dem Fußball. Was für ein Alptraum."

Der italienische Fußball kämpft seit Jahren mit der eskalierenden Gewalt und findet kein Rezept - trotz aller Rufe nach Konsequenzen. "Es muss etwas getan werden, um zu verhindern, dass sich so etwas wiederholt", forderte Senatspräsident Pietro Grasso, der die Partie im Stadion verfolgte. "Ein Fußballspiel darf sich nicht in einen Bandenkrieg mit Gewalt verwandeln." Abete kündigte an, der FIGC werde sich Gedanken machen. "Wir sind bereit, unseren Teil beizutragen, um diese Entwicklung umzukehren, ohne Wenn und Aber", betonte er.

Der fünfte Pokalsieg der Süditaliener durch Tore des italienischen Nationalspieler Lorenzo Insigne (11./16. Minute) und des Belgiers Dries Mertens (90.+2) rückte angesichts der Gewalt rund um die Partie in den Hintergrund. "Der Fußball sollte ein Spektakel sein", forderte Italiens Nationaltrainer Cesare Prandelli, der wie Ministerpräsident Matteo Renzi die Geschehnisse geschockt auf der Tribüne verfolgte.

Schon vor dem Spiel war es in Rom zu Auseinandersetzungen zwischen rivalisierenden Fangruppen gekommen, Feuerwerkskörper flogen, und mindestens fünf Ordnungskräfte wurden verletzt. In der Nähe des Olympiastadions erreichte die Gewalt am späten Nachmittag ihren Höhepunkt: Ein polizeibekannter 48 Jahre alter Hooligan des AS Rom schoss auf drei Neapel-Fans. Er kam selbst mit Verletzungen ins Krankenhaus, die Polizei ermittelt wegen versuchten Mordes.

Das 30 Jahre alte am schwersten verletzte Opfer der Schießerei musste notoperiert werden, nachdem eine Kugel laut Medienberichten seine Lunge durchschlagen und die Wirbelsäule verletzt hatte. Neapels Präsident Aurelio De Laurentiis widmete ihm den Pokaltriumph und verschob die Feier. "Es wäre nicht respektvoll, heute in Neapel zu feiern", erklärte er.

Auch im Stadion verbreite sich die Nachricht von den Schüssen schnell. Der Anpfiff verzögerte sich um 45 Minuten, nachdem die Neapel-Fans eine Spielabsage gefordert hatten. Kapitän Marek Hamsik verhandelte minutenlang mit den Anhängern, währenddessen flogen Feuerwerkskörper, mindestens ein Feuerwehrmann wurde verletzt.

Auch beim AC Florenz wurde der Ärger über den verpassten ersten Titel seit fast 15 Jahren von den Geschehnissen überschattet. "Ich denke, so verlieren alle, man muss andere Wege gehen", urteilte Trainer Vincenzo Montella, der im Finale auf den deutschen Nationalstürmer Mario Gomez verzichtet hatte. Für den 28-Jährigen kam die Partie rund sechs Wochen nach seiner Bänderzerrung im Knie noch zu früh.

(dpa)
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