Fußball Littbarski, der Weltenbummler

Bern/Vaduz (RP). Pierre Littbarski humpelt o-beinig über den Rasen des Wankdorf-Stadions. Sein Blick geht hoch zur Anzeigetafel. Die Young Boys Bern hatten einen guten Tag und führten sein Team vor. Am Ende steht es 6:0 für YB (sprich Ebay) gegen den FC Vaduz.

 Pierre Littbarski muss um seinen Job bangen.

Pierre Littbarski muss um seinen Job bangen.

Foto: KYSTN, AP

"Litti" ist dennoch um einen ehrenvollen Abschied bemüht, schüttelt Hände, klopft Spielern auf die Schultern. Die Hoffnung auf bessere Auftritte in dieser Saison haben aber alle längst begraben. Vaduz rangiert auf dem zehnten und letzten Platz der höchsten Schweizer Fußball-Liga.

Die angestellten Profis haben meist für mehr Aufsehen durch Tanzeinlagen in Bars mit anschließenden Raufereien gesorgt — wenige Stunden vor dem nächsten Spiel.

In den Katakomben des "Stade de Suisse" blickt Littbarski Minuten nach dem Schlusspfiff wieder optimistischer drein. "Wir wissen, dass wir eigentlich nicht unbedingt in die Liga gehören", sagt er. "Für mich ist jetzt interessant, wen wir für die kommende Saison gebrauchen können. Wir haben eine Ansammlung von nicht arg hochqualifizierten Spielern plus einer nicht ausreichend professionellen Einstellung." Nach der Saison werde er den Kader neu zusammenstellen.

Warum er sich diesen Job antut, ist unklar. Ohnehin hat der Berliner bei der Auswahl seiner Engagements selten ein glückliches Händchen. Er trainierte Yokohama FC in der japanischen J-League, war Assistent von Berti Vogts in Leverkusen, in Duisburg trug er alleine Verantwortung, zurück zu Yokohama, dann ein paar Monate Sydney.

Er ist Fußball-Weltenbummler geworden — mit einem Faible für Exoten. "Jede Aufgabe hat ihre Geschichte. Ich sitze nicht gerne zuhause und starre die Wand an. Ich will arbeiten."

Im vergangenen Jahr beispielsweise für wenige Wochen bei Saipa Teheran im Iran. Ein Engagement, das er bald bereute. "Wir wurden ständig überwacht, Kameras waren hinter dem Spiegel montiert, man hat uns die Reisepässe abgenommen. Das war schon ziemlich krass", erinnert sich der Weltmeister von 1990.

Bei der ersten Gelegenheit hat er die Konsequenzen gezogen, auf einen Teil seines Gehalts verzichtet und ist nach Liechtenstein geflüchtet. Dort steht er anders unter Dauerbeobachtung — die Wege im Kleinstaat sind kurz, man kennt sich, man grüßt sich. Immerhin fürchtet er im Fürstentum nicht um sein Leben.

Wie lange er bleibt, weiß er wohl selbst nicht so genau. Er würde schon gerne wieder in Deutschland arbeiten ("Ich bin ein Kind der Bundesliga. Da geht es richtig ab").

Doch Littbarski weiß auch, dass er bislang wenig Werbung in eigener Sache machen konnte. "Es sind einige Sachen schiefgelaufen, und schon steckst du in einer Schublade. Die meisten Leute wissen nichts über meine Konzepte", sagt er. "Unter einem guten Trainer würde ich auch als zweiter Mann arbeiten und weiter Erfahrungen sammeln."

Deshalb beobachtet er den Markt genau und pflegt den Kontakt zu alten Weggefährten wie Jürgen Klinsmann. Als der bei Bayern München entlassen wurde, rief "Litti" Klinsmann an und versuchte, ihn aufzumuntern: "Was in der Vergangenheit liegt musst du abhaken. Ich habe die Situation, vor die Tür gesetzt zu werden, schon etwas öfter erlebt. Das tut weh, aber es muss weitergehen." Littbarski lebt danach, sucht sich immer neue Aufgaben. Irgendwo auf der Welt und gerade eben in Liechtenstein.

(RP)
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