Europas Fußballer des Jahres Neuer hätte die Auszeichnung verdient gehabt

Düsseldorf · Deutsche Fußballer tun sich schwer damit, die Gunst von Europas Sportjournalisten zu erobern. Vor 18 Jahren bekam Matthias Sammer als bislang letzter Deutscher die Auszeichnung als "Fußballer des Jahres" auf dem Kontinent. Es war damals auch der Lohn für die Auftritte der deutschen Nationalmannschaft auf ihrem Weg zum Titelgewinn bei der Europameisterschaft in England.

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Foto: afp, VH/AG

Trotz des Triumphs bei der WM in Brasilien, setzte sich in diesem Jahr kein Deutscher durch. Real Madrids portugiesischer Star Cristiano Ronaldo gewann. Den Münchnern Manuel Neuer und Arjen Robben blieb die Nominierung als Trostpreis. Allerdings haben es Torleute traditionell schwer bei dieser Wahl. Als einziger konnte der Russe Lew Jaschin die Jury überzeugen — vor 51 Jahren. Im vergangenen Jahr hatte sich Neuers Münchner Vereinskamerad Franck Ribéry durchgesetzt.

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Der Torwart hätte die Auszeichnung verdient gehabt. Am 30. Juni 2014 definierte Neuer seinen Zuständigkeitsraum neu. Der Strafraum war ihm nicht genug. Der Münchner eroberte den ganzen Platz. Wild entschlossen, hochkonzentriert und begleitet vom Vertrauen seiner Mitspieler. Er sprintete und grätschte und kam auf die erstaunliche Laufleistung von 5517 Metern, als er die deutsche Mannschaft vor dem frühzeitigen Aus bei der Weltmeisterschaft bewahrte.

Deutschland gewann (manche sagen: Neuer gewann) mit 1:0 im Achtelfinale nach Verlängerung gegen Algerien. "Manu, der Libero", hieß es in Überschriften — in Erinnerung an den längt abgeschafften Posten des letzten Mannes und an eine Fernsehserie mit Tommy Ohrner aus den 1980er-Jahren. Spätestens mit diesem stilbildenden Auftritt hätte sich Neuer, der auch auf der Torlinie großes Handwerk lieferte, den Titel "Europas Fußballer des Jahres" verdient. Meistertitel und Pokalsieg mit den Bayern waren weitere Pluspunkte für den Münchner, dessen Team in der vorigen Bundesligasaison in 34 Spielen nur 23 Tore hinnehmen musste. Neuer war in Brasilien als bester Torhüter der Welt ausgezeichnet worden, seit ein paar Tagen ist er "Deutschlands Fußballer des Jahres", seit Januar bereits Welttorhüter.

Neuer gehört zum Aufgebot, das Bundestrainer Joachim Löw heute für die Länderspiele gegen Argentinien (Mittwoch, 3. September, 20.45 Uhr, Düsseldorf) und Schottland (Sonntag, 7. September, 20.45 Uhr, Dortmund) benennt. Neben Bastian Schweinsteiger gilt der Torwart als Anwärter auf den Posten des Kapitäns. Neuer sieht diese Spekulationen skeptisch. Er meint, dass im Grundsatz Feldspieler für diese Aufgabe geeigneter seien, weil sie leichter mit dem Schiedsrichter kommunizieren könnten. Immer liegt Neuers Arbeitsbereich eben doch nicht in der Nähe des Mittelkreises.

Bei den Frauen ging der Titel gestern an die Wolfsburgerin Nadine Keßler — immerhin ein deutscher Sieg in Monaco.

(RP)
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