Kolumne Gegenpressing Platini, Blatter und die Inquisition

Uefa-Präsident Platini hält sich für ein Opfer von Blatters Intrigen. Der einstige Fifa-Chef leidet zunehmend unter Wirklichkeitsverlust. Vor der Neuwahl des Präsidenten im Februar gibt der Restverband ein seltsames Bild ab.

 RP-Redakteur Robert Peters.

RP-Redakteur Robert Peters.

Foto: Phil Ninh

Im absurden Theater um den Fifa-Vorsitz ist Michel Platini von einer überraschenden Einsicht ins Wesen von Wahlen und Wahlkämpfen ereilt worden. Der Franzose hat seine Kandidatur zurückgezogen und das mit dem Mangel an Vorbereitungszeit bis zum Kongress Ende Februar erklärt. "Wie soll ich da gewinnen?", fragte er.

Das ist alles andere als ein ehrenwerter Rückzug von der Kandidatenliste. Die Ethikkommission hat ihn erzwungen, als sie den amtierenden Uefa-Präsidenten mit einer Sperre von acht Jahren belegte. Dass Platini trotzdem noch von einer Kandidatur für die Fifa-Präsidentschaft träumte, zeigt, wie die großen Jungs im Weltfußball denken. Sollten sie ein Unrechtsbewusstsein haben, so ist es jedenfalls prima verborgen.

Das ganz große Vorbild in dieser Frage ist der nun endlich entthronte König aller Funktionäre, der Schweizer Sepp Blatter. Obwohl nun wirklich niemand mehr etwas von ihm wissen will, preist sich der alte Mann in zunehmend seltsamer werdenden Interviews hemmungslos als (mindestens) Kandidat für den Friedensnobelpreis. Der Wirklichkeitsverlust hat bereits krankhafte Züge. Aber er passt zu einer Amtsführung im Weltverband, die jeden Vergleich zu spätmittelalterlichen Höfen standhält.

Es ehrt den Großmeister der Intrige, dass sein früherer Nachfolgekandidat Platini sich selbst als Opfer von Blatters Winkelzügen inszeniert. "Blatter wollte mich erledigen", sagte Platini. Aber in der Götterdämmerung der Fifa fielen beide. Auch das hat schon wieder klassische Züge.

Während sich Europa im Weltverband in Gestalt der einstigen Koalitionäre Blatter und Platini selbst abschafft, hilft das FBI in den amerikanischen Verbänden nach. Zahlreiche amtierende oder inzwischen zurückgetretene Fifa-Vizepräsidenten atmen im Gefängnis gesiebte Luft. Die ersten Korruptionsspezialisten erwischte es am Rande des Kongresses in Zürich Ende Mai 2015. Sie wurden von der Polizei aus dem Luxusbett gezerrt und in Auslieferungshaft überstellt. Führende Mitglieder einer eilig angetretenen Nachfolger-Generation haben unterdessen das gleiche garstige Schicksal erlitten.

Nur weil die Behörden bislang offenbar nicht allzu tief in die Geheimnisse des asiatischen Verbands eingedrungen sind, kommt der Favorit für die Fifa-Präsidentschaft aus Bahrain. Scheich Salman bin Ibrahim Al Khalifa geht mit den besten Aussichten in die Wahl am 26. Februar.

Mit den einstweilen besten Aussichten. Denn schon ermittelt die Fifa-Ethikkommission wegen des Anfangsverdachts von Vergehen gegen die Menschenrechte. Die Ermittler im Fußball-Weltverband haben offensichtlich Geschmack an der Aufklärungsarbeit gefunden. Damit war nicht unbedingt zu rechnen, als Blatter sich das ethische Feigenblatt einst selbst schuf. Mittlerweile klagt er über die Methoden der Ethiker, die er im sicheren historischen Wissen mit denen der Inquisition vergleicht. Blatter bleibt eben ein Mann des Mittelalters.

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(RP)
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