Fifa-Skandal Schade: "Wer sich nicht wehrt, ist ein Mittäter"

Düsseldorf · Michael Schade reagiert erbost auf das Verhalten des Weltfußballverbands (Fifa) angesichts der Korruptionsvorwürfe gegen führende Mitglieder. Der Geschäftsführer des Bundesligisten Bayer Leverkusen sagte im Gespräch mit unserer Redaktion: "Ich finde, die Vorgehensweise der Uefa gut, dass sie sich mit ihren Mitgliedsverbänden zusammensetzt und darüber nachdenkt, ob sie als europäischer Verband die Wiederwahl von Herrn Blatter und diesen Kongress boykottiert. Denn jeder, der dabei ist und sich jetzt in dieser neuen aktuellen Situation wehrt und seine Stimme erhebt, ist ein Mittäter."

 Bayer-Geschäftsführer Michael Schade.

Bayer-Geschäftsführer Michael Schade.

Foto: miserius

Schade brachte auch eine Neuvergabe der Weltmeisterschaften 2018 und 2022 ins Gespräch: "Sollten diese Vorwürfe deutlich machen, dass die bisher schon vermutete Korruptions-Affaire rund um die Vergabe der beiden kommenden Weltmeisterschaften stattgefunden hat, dann muss — auch wenn es spät ist — noch einmal darüber nachgedacht werden, ob man die Vergabe nicht noch einmal rückgängig macht. "

Schade kritisiert zudem das Krisenmanagement des Weltverbandes. "Ich finde, das Fass der Peinlichkeiten und Vorwürfe innerhalb der Fifa ist längst übergelaufen. Ich habe überhaupt kein Verständnis dafür, dass der Verband — anstatt Krisenkommunikation zu betreiben — jetzt zur Tagesordnung übergeht und diesen Kongress abhält, als wäre nichts geschehen und Herr Blatter sich unter diesen Umständen wählen lässt. Es gibt wesentlich wichtigere Aufgaben in diesem Verband, der die größte Sport-Organisation der Welt ist mit den größten Fan-Gruppen, als über die Präsidentschaft eines umstrittenen 79-Jährigen abzustimmen. Augenscheinlich hat man bei der Fifa überhaupt kein Gefühl für Krisenmanagement."

Und weiter: "Ich finde, hier muss dringend aufgeräumt werden, gleichwohl fehlt mir aber der Glaube. Die Vorgehensweise der Europäer, den Kongress und die Wahl zu boykottieren, finde ich richtig — und unter Compliance Richtlinien alternativlos. Man kann doch nicht gute Miene zum bösen Spiel machen. Aber ich glaube, dass die Vertreter der anderen Verbände aus welchen Gründen auch immer — vielleicht aufgrund von Korruption — hinter Herrn Blatter und diesem Verband stehen. Ich befürchte, dass die Europäer mit ihrer Vorgehensweise allein da stehen.

Schade vergleicht die Position Blatters mit der eines Politikers: "In der Politik ist es üblich, dass Minister die politische Verantwortung übernehmen, auch wenn sie selbst nicht schuldig sind. Es sind weltweit schon ganz andere Persönlichkeiten wegen ganz anderer Dinge zurückgetreten", so der Bayer-Geschäftsführer. Schade schäme sich als Funktionär für die Kollegen der Fifa. "Als jemand, der im Fußball arbeitet und Funktionär ist, kann man sich nur schämen, dass ein Verband nicht in der Lage ist, solche Vorwürfe aufzunehmen und damit professionell umzugehen. Wir reden nicht von einem Karnevalsverein, sondern über die größte Fußball-Organisation der Welt, der Milliarden Menschen folgen. Aber angesichts der aktuellen Geschehnisse ist die Faszination Fußball in Gefahr, wenn der Fisch extrem vom Kopf stinkt. Herrn Blatter scheint jedes Gerechtigkeitsgefühl abhandengekommen zu sein", sagt er.

Reiner Calmund hofft unterdessen auf eine schnelle Aufklärung des Korruptions-Skandals bei der Fifa. "Das erschüttert das ganze System Fußball, das geht ins Mark", sagt der ehemalige Manager von Bayer Leverkusen im Gespräch mit unserer Redaktion.

Der 66-Jährige ist der Meinung, Aktionismus bringe jetzt aber keinem etwas. "Es muss ruhig, besonnen und effektiv im Interesse des Sports alles aufgedeckt werden. Die Fifa braucht vor allem Transparenz, um wieder Vertrauen zurückzugewinnen", sagt Calmund.

Peter Frymuth, Vize-Präsident des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) fordert ebenfalls eine lückenlose Aufklärung der Korruptionsvorwürfe gegen den Weltfußballverband Fifa. "Man ist einfach nur Fassungslos, wenn man von Festnahmen hochrangiger Funktionäre der Fifa hört", sagt Frymuth unserer Redaktion. "Dem Fußball tut diese Entwicklung nicht gut. Die Uefa ist als europäischer Vertreter in der Pflicht, sich für eine lückenlose Aufklärung einzusetzen."

Paul Jäger, Finanzvorstand von Fortuna Düsseldorf, nimmt die Fifa ein bisschen in Schutz. "Man sollte die Fifa jetzt nicht pauschal verurteilen. Als Außenstehendem erscheint es mir so, als liege da eher bei den Verbänden Süd- und Mittelamerikas ein Problem vor. Der DFB ist ein Teil der Uefa und diese ein Teil der Fifa — da hat man sich an Regeln zu halten. Auf keinen Fall sollte man voreilig einen Boykott beschließen. Selbstverständlich jedoch muss das alles in der Fifa sauber aufgearbeitet werden — diesen Eindruck habe ich bisher nicht gehabt", sagte Jäger unserer Redaktion. Jäger weiter: "Ich bin jedoch der Ansicht, dass Präsident Joseph Blatter sich in dieser Affäre jetzt nicht wegducken darf. Er muss sich seiner Verantwortung stellen. Falls er dies nicht tut, könnte seine Wiederwahl durchaus bröckeln."

Fortunas Vorstandsvorsitzender Dirk Kall fordert eine schnelle Aufklärung der Ereignisse. "Korruption hat auch im Fußball nichts verloren, sie zerstört unseren Sport. Sollten sich diese Vorwürfe auch nur ansatzweise bestätigen, müssen zwingend Konsequenzen gezogen werden, auch personell. Das Vertrauen in die Fifa wäre dann endgültig verlorengegangen", sagte Kall unserer Redaktion.

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