Kolumne Gegenpressing So werde ich Trainer in Belgien

Düsseldorf · Der belgische Verband sucht den Coach über eine Online-Anzeige. Das ist zeitgemäß. Der neue Mann soll Erfahrung und Ergebnisse in der sich schnell wandelnden Fußballwelt vorweisen. Kein Problem.

 RP-Sportchef Robert Peters bewirbt sich in seiner Kolumne als belgischer Nationaltrainer.

RP-Sportchef Robert Peters bewirbt sich in seiner Kolumne als belgischer Nationaltrainer.

Foto: Phil Ninh

Lieber belgischer Fußballverband,

mit diesem Schreiben bewerbe ich mich um das Amt des Nationaltrainers. Ich finde es großartig, dass Sie die Stelle in einer Online-Anzeige ausgeschrieben haben und Bewerbungen in Mail-Form entgegennehmen. Das vermeidet Verschwendung von Papier, und es beweist, wie modern Ihr Verband ist. Die Stellen von Co-Trainern, Physiotherapeuten, Fitness-Coaches, Ärzten und technischer Crew könnten Sie gleich bei Twitter ausschreiben. Wer seine Bewerbung in 140 Zeichen schreiben kann, der zeigt, dass er einen Blick fürs Wesentliche hat.

In Ihrer Ausschreibung heißt es, der Kandidat möge "Erfahrung und Ergebnisse in der sich schnell wandelnden Fußballwelt" vorweisen. Und er solle stark und offen kommunizieren. Stark und offen kommuniziere ich bereits an dieser Stelle - ich habe kein Problem damit, dass viele Menschen mitlesen. Im Gegenteil: Ich wünsche es mir. Erfahrung in der sich schnell wandelnden Fußballwelt habe ich bei den großen Turnieren seit mindestens 1966 gesammelt. Bei Bedarf sage ich Ihnen die Mannschaftsaufstellung der Nordkoreaner auf, die damals bei der WM Italien aus dem Wettbewerb gekegelt haben. Schon früh schmückte mein Trikot eine Fünf, und im Laufe der Zeit habe ich gelernt, was Sechser, abkippende Achter, falsche Neuner, Spiel gegen den Ball, Gegenpressing und mannschaftliches Verteidigen sind. Vor allem bin ich sehr fokussiert, da können Sie auch gern meine Ehefrau fragen .

Für das Amt des belgischen Nationaltrainers bin ich besonders geeignet, weil es von Mönchengladbach gar nicht weit bis Belgien ist. Außerdem liebe ich belgische Pommes frites und spreche mindestens so gut Niederländisch wie mein Vorgänger Marc Wilmots Deutsch. Außerdem, das sagen meine Ausbilder in den Begegnungszonen der Stadien immer, ist die Sprache des Fußballs ohnehin international. Vielleicht finden Sie für die paar Brocken Französisch, die es vielleicht braucht, bei Twitter einen Dolmetscher.

Sie wollen, dass der neue Trainer eine "High-Performance-Kultur" aufbaut. Da bin ich natürlich genau der richtige Mann. Anders als mein Vorgänger habe ich mich nie als Kampfschwein beschimpfen lassen müssen. Und in kulturellen Fragen habe ich mich eingehend von unseren Kulturredakteuren beraten lasssen - übrigens schon vor 30 Jahren.

Ergebnisse in der sich schnell wandelnden Fußballwelt erziele ich seit 1964, alles begann mit einem Tor gegen den Lokalrivalen Concordia Goch. Mittlerweile haben sich die Ergebnisse auf eine andere Ebene verlagert - mehr in den theoretischen Bereich, in die "High-Performance-Kultur" beruflicher Besserwisserei.

Im Fernsehen und im Internet, da bin ich genauso modern wie Sie, habe ich die belgische Nationalmannschaft ausgiebig studiert. Mir fielen besonders die einfallsreichen Frisuren auf. Bei Bedarf könnte ich meinen Frisör mit in den Stab aufnehmen, er weist seit 25 Jahren Erfahrung und Ergebnisse in der sich schnell wandelnden Welt meines lichter werdenden Haarschopfs nach.

Über eine Nachricht würde ich mich freuen. Mit den besten Grüßen in die sich schnell wandelnde Fußballwelt.

Ihre Meinung? Schreiben Sie unserem Autor: kolumne@rheinische-post.de

(RP)
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