Argwohn in Talentschmiede Wird Guardiola bei Barca wildern?

Barcelona/Köln · La Masia ist die legendäre Nachwuchsakademie des FC Barcelona. Mit Argwohn wird in Katalonien beobachtet, dass Pep Guardiola zum FC Bayern geht. Nicht nur der Präsident befürchtet Abwerbeversuche.

Pep Guardiola wird Bayern-Trainer: Reaktionen
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Foto: afp, LLUIS GENE

Nein, Uli Hoeneß dürfte das gar nicht gefallen. Tischtennisplatten, immer wieder diese Tischtennisplatten. Aber damit nicht genug. Ein Billardtisch, ein Tischkicker, ein Mini-Kino und sogar ein massiver Grill für Barbecue-Partys auf der Terrasse — all das findet sich neben einigen der vielversprechendsten Talente des Weltfußballs in der berühmten Nachwuchsakademie des FC Barcelona. Ausgerechnet dort könnte der deutsche Rekordmeister FC Bayern München nach der Verpflichtung von Trainer Pep Guardiola wildern. Befürchtet man jedenfalls in Barcelona.

"Wir hoffen, dass sich Pep auf andere Spieler fokussiert — und nicht auf unsere, wenn er sich bei seinem neuen Projekt verstärkt", sagte Klub-Präsident Sandro Rosell dem spanischen Radiosender "RAC1" kurz vor der Bekanntgabe des Guardiola-Wechsels nach München. Und Carles Rexach, ehemaliger Spieler, Scout und Trainer der Katalanen, sagte: "Kann sein, dass Guardiola einen oder zwei Spieler sucht, um seine Vorstellung von Fußball umzusetzen, vielleicht auch einen aus der Nachwuchsabteilung von Barca. Das wäre sehr interessant."

Ob das, was Rexach sehr interessant findet, auch interessant für die Münchner ist, bleibt abzuwarten. Man kann sich schlecht vorstellen, dass der ambitionierte FC Bayern künftig Barcelonas Jungprofis Spielpraxis verschafft. Umgekehrt dürfte Barcelona, das in dieser Saison bis zu elf Eigengewächse gleichzeitig in Pflichtspielen einsetzte, kein Interesse daran haben, einen internationalen Rivalen zu stärken. Aber da ist ja noch der Pep-Faktor.

Neymar dank Guardiola zu den Bayern?

Guardiola, befand am Donnerstag Bayerns Vorstandsvorsitzender Karl-Heinz Rummenigge, habe eine "gewisse Strahlkraft". Und wo wirkt die besser als bei seinem ehemaligen Arbeitgeber?

"In diesem Klub hat Guardiola auf die jungen Spieler gesetzt. Ich weiß zwar nicht, welche Philosophie er den Bayern verordnen wird, aber ich kann mir gut vorstellen, dass er auch dort junge Spieler holen wird", sagte Barcelonas Thiago Alcantara. Der 21 Jahre alte Mittelfeldspieler muss es wissen, Guardiola holte ihn einst aus der Nachwuchsabteilung zunächst in die zweite Mannschaft, später auch in den Profikader der Katalanen.

Für Noch-Bayern-Trainer Jupp Heynckes ist der Hispano-Brasilianer neben Toni Kroos "das größte Talent im europäischen Fußball". Thiago, der auch schon in der spanischen Nationalmannschaft debütierte, soll in Barcelona einmal Spielmacher Xavi beerben, kommt aber noch nicht an dem 32-Jährigen vorbei. Dass er seinem einstigen Mentor Guardiola daher nach München folgt, sei aber kein Thema, versicherte Thiago: "Ich bin hier (in Barcelona, Anm. d. Red.) und plane nichts anderes."

Pläne können sich bekanntlich ändern, vielleicht auch beim Brasilianer Neymar. Der 20-Jährige, der bereits einen Vorvertrag mit Barca haben soll, wurde zuletzt in Zürich bei der Weltfußballer-Gala plaudernd mit Guardiola gesehen. Nur ein Zufall? "Guardiola ist ein großartiger Trainer, mit dem ich sehr gerne einmal zusammenarbeiten würde", sagte der Stürmer des FC Santos (Vertrag bis 2014) einige Tage später in einem Interview mit der Sporttageszeitung "Ovacion".

Wie sehr es in der Gerüchteküche seit Guardiolas Verpflichtung durch die Bayern brodelt, zeigt sich auch an der Personalie Victor Valdes. Der 31-Jährige, ebenfalls ein La-Masia-Produkt und seit Jahren Barcelonas Nummer eins, soll den Katalanen am Donnerstag mitgeteilt haben, seinen 2014 auslaufenden Vertrag nicht verlängern zu wollen. Kurz danach gingen die Spekulationen über einen Wechsel nach München los, zumal Valdes Anfang Januar erklärt hatte, er wolle noch "andere Kulturen und eine andere Art des Fußballs" kennenlernen.

Die Bayern wollten dieser Tage noch nichts zu möglichen personellen Veränderungen der Mannschaft bekannt geben. Man sei noch "nicht so weit, um über Personalpolitik zu sprechen", ließ Rummenigge wissen: "Aber ich kenne natürlich das taktische Konzept des FC Barcelona." Das basiert ganz wesentlich auf den Produkten der Nachwuchsakademie La Masia. "La cantera", der Steinbruch, so wird in Spanien die Jugendabteilung eines Klubs genannt. Mal sehen, wem Guardiola künftig in München den Feinschliff verpasst.

Hoeneß erwartet keinen Umbruch

Uli Hoeneß erwartet allerdings keinen radikalen personellen Umbruch unter Guardiola. "So, wie ich ihn verstanden habe, ist er auch der Ansicht, dass unsere Mannschaft nicht mit vielen Spielern verstärkt werden muss — er will mit unseren Spielern arbeiten, sie gefallen ihm", sagte der Präsident der "Süddeutschen Zeitung".

Auch die Installation eines "großen" eigenen Betreuerstabes habe der 42 Jahre alte Spanier "ausdrücklich ausgeschlossen". Hoeneß sprach wie zuvor schon Bayerns Vorstandsvorsitzender Karl-Heinz Rummenigge von zwei Assistenten, die Guardiola mitbringen wolle.

(sid/seeg)
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