Neuer Real-Trainer Zidane Respekt bei den Stars, Skepsis bei den Fans

Madrid · Zinédine Zidane will auch mit wenig Trainererfahrung das von Krisen und Affären erschütterte Starensemble von Real Madrid auf Vordermann bringen. Bei Fans und Medien herrscht Hoffnung, aber auch viel Skepsis.

Zinedine Zidane wird Trainer bei Real Madrid: Pressestimmen
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Zinedine Zidane wird Trainer bei Real Madrid – Pressestimmen

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Foto: afp, GJ/seb

Nach dem Tohuwabohu um seine Ernennung zum neuen Cheftrainer von Real Madrid hat für Zinedine Zidane der Ernst des Fußball-Lebens begonnen. Unter Ausschluss der Öffentlichkeit leitete der 43-Jährige am Mittwoch das Training des von einer sportlichen Krise und diversen Affären erschütterten spanischen Rekordmeisters. Sein Debüt folgt am Samstag (20.30 Uhr) daheim im Bernabeu gegen Deportivo La Coruna. Die Hoffnung bei den Königlichen ist groß, Druck und Skepsis sind aber wohl noch ein Stückchen größer.

Beim seinem ersten Training war das französische Idol am Dienstag von rund 6000 Menschen begrüßt worden. Die Stars um Cristiano Ronaldo und Weltmeister Toni Kroos hörten bei ersten Anweisungen genau hin. Die Anfeuerungsgesänge hielten sich derweil in Grenzen. Das Sportblatt "AS" sah einen "kühlen Empfang". Auf seiner ersten Pressekonferenz verriet "Zizou" danach sein Credo: Innerhalb von 20 Minuten nahm er das Wort "Arbeit" 14-mal in den Mund.

"Ich stehe vor einer komplizierten Herausforderung, die mich aber sehr motiviert", sagte der Nachfolger des am Montag gefeuerten Rafa Benitez. Vor Journalisten aus aller Welt versicherte der frühere Klub-Profi, er habe keine Angst vor der Zukunft. Er sei sich schon darüber im Klaren, dass ein Trainer "Ergebnisse erreichen" müsse. Mit "schönem und offensiven Fußball" wolle er "alles gewinnen".

Den Real-Fans macht das Hoffnung - zum Beispiel Rafael Nadal: "Zidane ist Fußball- und Real-Geschichte. Seine Verpflichtung ist natürlich sehr gut", sagte der Tennis-Weltstar. Doch viele Fans des Clubs, der in der Primera Division zur Zeit nur Platz drei belegt, werden von Zweifeln geplagt. In einer Online-Umfrage der Madrider Sportzeitung "Marca", so etwas wie ein Hausblatt Reals, wurden die Leser gefragt, ob Zidane fähig sei, das Amt des Cheftrainers zu übernehmen. Mit "Nein" antworteten nicht weniger als 57 Prozent.

Der einflussreiche Fan-Verband "Asociaciones del Madridismo" war unterdessen vor allem mit der Art und Weise, wie Benitez vor die Tür gesetzt wurde, nicht einverstanden. Die Organisation forderte den Rücktritt des "willkürlich" agierenden Klubbosses Florentino Perez. Perez verschliss in 13 Amtsjahren bereits zehn Trainer, gab viele Millionen aus - er gewann in der Liga aber nur drei Titel.

Wie Perez sagte, hat Zidane auf der "Haben-Seite" die Tatsache, dass er viele der aktuellen Real-Profis aus seiner Zeit als Co-Trainer sehr gut kenne. Mit Kapitän Sergio Ramos hat er sogar noch zusammen gespielt. 2002 schoss er Real mit einem Volley-Traumtor im Glasgower Finale gegen Bayer Leverkusen zum neunten Champions-League-Sieg. Seit 2011 war er im Klub Gehilfe von Jose Mourinho und Carlo Ancelotti, seit 2014 Trainer des Reserveteams.

Der einst weltbeste Fußballer werde von den Profis — anders als der ungeliebte Benetez — respektiert, hoben Medien hervor. Öffentliche Stellungnahmen der Profis zum Trainerwechsel gab es nach zwei Tagen immer noch nicht, laut dem TV-Sender "La Sexta" schickten sich Ronaldo & Co. schon früh gegenseitig "Glückwunsch-Botschaften".

Doch was genau hat Zidane bisher als Trainer geleistet? Vorige Saison hatte er das Ziel des Wiederaufstiegs von der Reserve - Real Castilla - in die Zweite Liga mit einem sechsten Platz relativ deutlich verpasst. Derzeit liegt das Team auf Platz zwei. Und es gab auch Affären: Unter anderem 2014 eine später aufgehobene Sperre wegen fehlenden Trainerscheins. Kritik setzte es auch, als Zidane Sohnemann Enzo (20) gleich in dessen erster Saison zum Kapitän ernannte.

Nach seiner Unterzeichnung bis 2018 sagte der erste französische Trainer in der Geschichte Reals (und der jüngste seit Jorge Valdano 1994), er wolle "mit ganzem Herzen" arbeiten. Der Ex-Profi von Cannes, Bordeaux und Juventus, der nach dem unrühmlichen Kopfstoß im WM-Finale gegen Italiens Marco Materazzi seine Karriere 2006 beendete, wird aber selbst als Idol und bei einem leichten Anfangs-Programm mit Druck und Skepsis leben müssen. Nach einem Jahr ohne Titel und mit vielen Affären - unter anderem flog man wegen einer Wechselpanne aus dem Pokal - haben die Fans kaum noch Geduld.

(dpa)
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