Neuer Nationaltrainer Stielike-Verpflichtung spaltet Fans in Südkorea

Seoul · Ulli Stielike kehrt überraschend ins große Fußball-Geschäft zurück: Der 59 Jahre alte Europameister von 1980 soll Südkorea als neuer Nationaltrainer nach der WM-Vorrundenpleite in Brasilien 2015 bei der Asienmeisterschaft in Australien zum ersten Titel seit 55 Jahren und danach zur neunten WM-Teilnahme in Serie 2018 in Russland führen. Für den Fußballlehrer ist es die dritte Nationaltrainerstelle auf dem dritten Kontinent.

Das ist Uli Stielike
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Foto: Andreas Endermann

"Ulli Stielike wird helfen, die Strukturen im südkoreanischen Fußball zu verbessern", sagte ein Sprecher des südkoreanischen Verbandes KFA am Freitag vor dem 3:1-Länderspielsieg der Asiaten gegen Venezuela und begründete die Entscheidung für den Ex-Star von Borussia Mönchengladbach und Real Madrid als Nachfolger des zurückgetretenen Rekordnationalspielers Hong Myong-Bo.

"Das langfristige Ziel ist die WM 2018 in Russland. Kurzfristig wollen wir im Januar eine ordentliche Asien-Meisterschaft spielen", sagte Stielike transfermarkt.de. Neue Strukturen seien nicht unbedingt nötig, aber er wolle "zumindest sehr genau hinsehen, was wie wo gemacht wird".

Stielike und das Karo-Sakko

Nach über einer halbjährigen Jobsuche wird Stielike seine künftige Elf am Montag im Länderspiel gegen Uruguay auf der Tribüne erstmals begutachten. Danach soll der 42-malige Nationalspieler sein Amt offiziell antreten. In Deutschland war er von 1998 bis 2000 bei der deutschen Nationalmannschaft Assistent des glücklosen Teamchefs Erich Ribbeck und später beim Deutschen Fußball-Bund (DFB) als Coach des Teams 2006 sowie der U21 tätig. Bei der Vorstellung des Gespanns Ribbeck/Stielike sorgte der einstige Gladbacher Mittelfeldstar mit seinem Karo-Sakko für Aufsehen.

Von 1989 bis 1991 betreute der einstige Mittelfeldspieler und spätere Libero als Novize die Schweiz, nach dem WM-Turnier 2006 in Deutschland und Ablauf seines DFB-Vertrages heuerte der Wahl-Spanier für zwei Jahre bei der Elfenbeinküste an.

Der Anruf der Südkoreaner in Stielikes andalusischem Domizil Almeria und die folgende Einigung kam auch für Insider überraschend. "Das ging sehr schnell. Vor einer Woche hat mich ein Managementbüro aus London angerufen und mich gefragt, ob ich für den Job verfügbar wäre", sagte Stielike: "Ein paar Tage später saß ich schon in London mit zwei Verbandsangestellten zusammen und nachdem ich wohl einen guten Eindruck hinterlassen habe, kam kurz darauf schon das Okay vom Präsidenten."

An einen vorzeitigen Ruhestand hatte Stielike, der mit Gladbach und Real jeweils drei Meisterschaften und einmal den Uefa-Cup gewann und zum Karriereende mit dem FC Sion zwei weitere Titel holte, weiterhin nicht gedacht. "Trainer, Manager oder Sportdirektor - ich bin für alles offen", hatte der Badener im Vorjahr im Gespräch mit dem Sport-Informations-Dienst (SID) seinen ungebrochenen Tatendrang unterstrichen.

In Südkorea stieß die Bekanntgabe von Stielikes Verpflichtung am Freitag nicht nur auf Begeisterung. In sozialen Netzwerken entbrannte schon kurz nach Stielikes Ernennung zum neuen Nationaltrainer eine Diskussion, ob sein Stil nicht der Zeit hinterherhinke. In den Medien wurde die Personalie des ersten ausländischen Nationaltrainers seit der Entlassung des Niederländers Pim Verbeek vor sieben Jahren unter Experten kontrovers diskutiert - auch weil Stielike entgegen des ursprünglichen KFA-Profils als Trainer noch keine Erfahrungen bei einer WM gesammelt hat.

Nationalspieler Kim Ki Hee hingegen lobt seinen einstigen Coach bei Al-Sailiyia in höchsten Tönen: "Ich habe Stielike als guten Taktiker in Erinnerung. Er konnte aus den verfügbaren Mitteln immer etwas machen und hatte auch immer eine Antwort auf die Strategien des Gegners. Er kann aus unseren unterschiedlichen Spielern ein Team bilden und aus den Talenten von uns allen das Beste herausholen."

Stielike ist Südkoreas zweiter Nationaltrainer aus Deutschland. 1991 übernahm "Fußball-Professor" Dettmar Cramer als erster Ausländer überhaupt die "Taeguk Warrior", trat aber nach der erfolgreichen Olympia-Qualifikation wegen interner Querelen zurück.

Verbeek war der sechste ausländische Coach. Ihren größten Erfolg feierten die Südkoreaner als Co-Gastgeber der WM-Endrunde 2002 unter Verbeeks Landsmann Guus Hiddink durch den Einzug ins Halbfinale - auch für Stielike wird das der Maßstab sein. Damals unterlag Südkorea in der Vorschlussrunde in Seoul gegen Deutschland.

(sid)
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