DFB-Präsident Wolfgang Niersbach — der ungeschickte Diplomat

Düsseldorf · DFB-Präsident Wolfgang Niersbach hat sich mit Michel Platini (Uefa) gegen Sepp Blatter (Fifa) verbündet – ohne ein wirkliches Konzept.

Wolfgang Niersdbach: Vom Journalisten zum Macher im Weltfußball
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Das ist Wolfgang Niersbach

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Foto: dpa, Arne Dedert

DFB-Präsident Wolfgang Niersbach hat sich mit Michel Platini (Uefa) gegen Sepp Blatter (Fifa) verbündet — ohne ein wirkliches Konzept.

Gute Freunde kann niemand trennen. Zumindest solange, wie sie sich nicht in die Quere kommen. Beim Weltfußballverband Fifa ist das in diesen Tagen ganz besonders gut zu beobachten gewesen. Joseph Blatter und Michel Platini waren mal ganz dicke. Jetzt sind sie ganz dicke zerstritten. Weil der eine (Platini) gerne den anderen (Blatter) aus dem Amt geschubst hätte. Das hat auch weitreichende Folgen für die dahintersteckenden Verflechtungen. Mittendrin Wolfgang Niersbach. Als Präsident des Deutschen Fußball-Bundes hat er sich frühzeitig auf die Seite des Franzosen Platini gestellt — und ist damit automatisch ein Gegner von Blatter. Ein diplomatisch mindestens heikles Unterfangen. Denn Platini hat nie wirklich Reformwillen gezeigt. Würde es durch ihn eine bessere Fifa geben? Er hat vor allem, wie Blatter, nur ein Interesse: Macht. Da ist ein verständlicher Wunsch, aber kein besonders originelles Konzept.

Niersbach hat schon unglücklich seinen Job auf der internationalen Bühne begonnen. "Ich habe nie einen Hehl daraus gemacht, dass es mich neben meinen Aufgaben beim DFB und in der Uefa nicht auch noch in diese Rolle drängt", betonte Niersbach immer mal wieder. Das ist so, als wenn Bundeskanzlerin Angela Merkel sagen würde, Auftritte im Bundestag und bei der EU sind okay, zu allem anderen hätte sie aber keine Lust. Netterweise hat Niersbach es ja dann doch gemacht und sich ins Exekutivkomitee der Fifa wählen lassen. "Ich stelle mich dieser Wahl, weil ich für die europäischen Positionen eintreten möchte und der festen Überzeugung bin, dass der deutsche Fußball seinen Platz und seine Stimme in den wichtigsten Entscheidungsgremien nicht verlieren darf. Ich sehe es als eine große Gemeinschaftsaufgabe an, die Interessen unserer Verbände, Ligen und Vereine im Weltfußball zu vertreten." Seit dem vergangenen Freitag ist er als zehnter Deutscher Mitglied in dem wichtigen Gremium seit Gründung des Weltverbandes im Jahr 1904.

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Der Düsseldorfer Wolfgang Niersbach ist kein klassischer Funktionär. Er hat einst seine Karriere als Journalist beim Sportinformationsdienst in Neuss begonnen. Er war Pressechef beim DFB, später lange Generalsekretär des Verbands. Mit seinem alten Spezi Beckenbauer hat er maßgeblich die Weltmeisterschaft 2006 nach Deutschland geholt - der Kaiser war das öffentliche Gesicht der Kampagne, Niersbach der Strippenzieher im Hintergrund. So hat er es am liebsten gehabt. Doch dann ist er quasi in die erste Reihe gedrängt worden. Eine Opposition hatte sich gegen den damaligen Präsidenten Theo Zwanziger gebildet. Zwanziger war wegen diverser Alleingänge in Ungnade gefallen.

Niersbach konnte auf mächtige Unterstützer vor allem aus dem Profilager vertrauen. Beckenbauer, Günter Netzer und Liga-Präsident Reinhard Rauball hatten sich immer wieder öffentlichkeitswirksam für ihn ausgesprochen. Für einen von ihnen. Im März 2012 erfolgte der Amtswechsel. Seither tobt eine öffentlich ausgetragene Schlammschlacht zwischen seinem Vorgänger und ihm. Niersbach hat es nicht geschafft, für Ruhe zu sorgen. Der 64-Jährige ist einfach kein Basta-Typ.

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Der Engländer David Gill hat Niersbach in eine unangenehme Situation gebracht. Gill hat wie Niersbach immer wieder den Kurs der Fifa kritisiert. Gill hätte wie Niersbach einen Rücktritt von Blatter favorisiert. Gill hat indes eine entscheidende Sache anders gemacht: Er hat persönliche Konsequenzen für sich gezogen und auf einen Einzug in das Exekutivkomitee verzichtet. Niersbach ist geblieben. Um direkt danach die ernüchternde Feststellung zu machen, ob es eine moralische Wende in der Ffifa unter dem wiedergewählten Präsidenten Blatter geben könnte. "Das kann ich mir nicht vorstellen. Man muss bedenken, er ist 79 Jahre alt." Kein Wort über eine eigene Strategie. Kein Wort über mögliche Konsequenzen.

Blatter genießt die Schwäche seiner Gegner. Und greift nun seinerseits an. Nachdem er öffentlich Widersacher Platini wie einen Schuljungen abgekanzelt hatte, wendete er sich Niersbach zu. "Es war schon sehr enttäuschend, was mir in den letzten Tagen passiert ist. Platini hat in der Nacht vor der Wahl allen Verbänden ein E-Mail geschrieben, dass sie gegen mich und für Prinz Ali stimmen sollen. Und das, obwohl Europa nicht mal einen eigenen Kandidaten hinbekommt!", erzählt Blatter dem Schweizer Boulevardblatt "Blick". "Ich habe mit Franz Beckenbauer telefoniert. Er sagte mir, er jedenfalls habe den deutschen Verbandspräsidenten zusammengefaltet, weil der gegen mich stimmte."

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Foto: dpa, pse hak

Ganz so intensiv will Beckenbauer dann aber nicht gewettert haben. Er bestätigte das Gespräch mit Niersbach nach der umstrittenen Wiederwahl Blatters. Von "zusammenfalten" könne aber "keine Rede sein", sagte er der "Bild": "Wolfgang Niersbach und ich haben ein herzliches und offenes Verhältnis."

Gute Freunde eben. Zumindest was Funktionäre darunter verstehen.

(RP)
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