MSV Duisburg Arena-Kauf rechnet sich bei Erfolg des MSV

Duisburg · Gelingt dem Verein der Schuldenschnitt nicht, hat die Stadt eine Ruine am Bein. Steigt er bald auf, rentiert sich der Deal.

 Symbolisch: Über der Schauinsland-Reisen-Arena reißt der Himmel auf und vertreibt ein wenig die dunklen Wolken über der Zukunft des MSV.

Symbolisch: Über der Schauinsland-Reisen-Arena reißt der Himmel auf und vertreibt ein wenig die dunklen Wolken über der Zukunft des MSV.

Foto: Christoph Reichwein

Ein Satz, der so richtig wie falsch ist: Die Stadt Duisburg kauft die MSV-Arena für 504 672 Euro. Die schlanke Nachricht enthält eine Reihe von versteckten Bedingungen und Klauseln, wie man es sich beim Ehevertrag mit Bill Gates vorstellt. Die Stadt hat die Möglichkeit, die Mehrheitsanteile an der Stadionprojekt-Gesellschaft zu übernehmen. Aus dem Plan wird aber nur Wirklichkeit, wenn der Rat der Stadt der Lösung zustimmt, dem MSV der Schuldenschnitt gelingt, er die Lizenz für die neue Drittliga-Saison bekommt, die Bezirksregierung nicht Nein sagt und das Finanzamt verträglich den Bilanzgewinn aus dem Schuldenschnitt bewertet. Denn auch Schulden, die erlassen werden, sind Gewinne. Grob geschätzt: Vor April wird nichts spruchreif.

Außerdem kauft die Stadt nicht die ganze Arena, sondern nur die Mehrheit an der Gesellschaft, der das Stadion gehört. Das bedeutet: Walter Hellmich verkaufte seine Anteile in Höhe von 34,1 Prozent an das Unternehmen Schauinsland-Reisen GmbH zum geschätzten Preis von drei Millionen Euro. Die Gebag, eine städtische Tochter, hält bereits jetzt 33,3 Prozent der Anteile an der Gesellschaft. Um 50,1 Prozent zu gewinnen, sind also nur 16,8 Prozent aus dem ehemaligen Hellmich-Paket zu überschreiben. Diese kosten rund 500 000 Euro. Das Geld bekommt Schauinsland-Reisen. Der Touristiker hatte bereits zehn Prozent an der Stadiongesellschaft. Und behält nach dieser Rechnung aus dem von Hellmich gekauften Paket 27,3 Prozent.

Mit den rund 500 000 Euro aus dem Stadtsäckel ist die Nummer jedoch keineswegs durch. Es liegen noch rund 17,6 Millionen Euro an Hypotheken auf dem Kickerkasten. Die HSH Nordbank, die den Kredit gab, will das Geld gern mit Zinsen zurück haben. Bank, Stadt und das Land NRW sollen sich auf einen Kompromiss geeinigt haben. Das Land trägt 80 Prozent des Verzichtes der Bank, der bis zu 75 Prozent betragen kann — das wären 13,2 Millionen der offenen 17,6 Millionen Euro. Die Stadt — so es denn kommt, wie geplant — erhält 50,1 Prozent der Einnahmen, zahlt dafür aber auch 50,1 Prozent der Raten auf den verbliebenen Teil der Schuldenlast.

Das Geld dafür muss die Stadt (hoffentlich) nicht selbst aufbringen. Jedenfalls nicht, wenn der MSV eine Zukunft hat. Dann nämlich kommt das Geld aus den Einnahmen der Zebras durch den Spielbetrieb. So war es schon immer gerechnet: Die Gesellschaft baut das Stadion. Der MSV zahlt über die Miete die Kredite ab. Das klappte bereits zu über 50 Prozent, denn etwa 50 Millionen Euro hat der Kasten gekostet. 17,6 Millionen sind offen, auch weil der MSV in den vergangenen zwei Jahren nichts bezahlen konnte.

Da stellt sich die Frage: Warum kauft die Stadt sich in die Gesellschaft ein, wenn doch ohnehin die Raten an die HSH gehen und es doch eigentlich egal ist, ob Walter Hellmich oder Duisburg Mehrheitseigner ist? Das erklärt sich so: Spielt der MSV in der Dritten Liga, kann er die volle Mietsumme nicht aufbringen. Die Bank will aber Geld. Dafür müssen die Eigner irgendwann geradestehen. Die Privatleute können und wollen aber auf Dauer nicht mit ihrem Geld haften oder ihre Ansprüche stunden. Die Stadt (und Schauinsland) aber wird die Miete so anpassen, dass der MSV damit leben und spielen kann: In der Dritten Liga muss der Klub wenig zahlen, in der zweiten mehr und in der Bundesliga dann richtig viel. In der Vorlage der Stadt wird die "Nettokaltmiete" mit 900 000 Euro pro Jahr in Liga drei für die Spielzeiten 2014/15 und 2015/16 angegeben, bei einem Aufstieg würden 1,5 Millionen Euro Miete fällig. Bislang zahlte der MSV in Liga zwei etwa fünf Millionen Euro an Miete und Unterhaltungskosten und machte so zwei Millionen Euro pro Jahr minus.

Selbst wenn der Schuldenschnitt kommt, ist der MSV also zum sportlichen Erfolg verpflichtet. Mit der neuen Lösung besteht aber die Chance auf Refinanzierung des Einsatzes. Stadtkämmerer Peter Langner ist sich jedoch "nicht sicher, dass der MSV zurzeit für alle genannten Anforderungen hinreichend aufgestellt ist".

Wenn alles so unwägbar ist, warum lässt die Stadt nicht die Finger davon? Auch da geht es um öffentliches Geld. Gelingen Schuldenschnitt und Stadionverkauf nicht, bekommt der MSV keine Lizenz. Der Profibetrieb wäre pleite und in Folge auch die Stadiongesellschaft: keine Mannschaft, keine Miete, keine Einnahmen. Die Arena steht aber auf einem städtischen Grundstück, das per Erbpacht vergeben wurde — nun müsste wohl die Stadt für die Ruine sorgen. Das kostet pro Jahr rund 400 000 Euro plus weitere Ausgaben für Objektsicherung et cetera. Zudem werden prompt die Kredite fällig. Dafür hat NRW zu 80 Prozent gebürgt. Die HSH wird sich dann ans Land halten. Düsseldorf besteht deshalb auf eine öffentliche Mehrheit. So behält man die Hoffnung, dass die Raten fließen.

Die Optionen lauten also: Alles verlieren und regelmäßig zahlen oder investieren und beten, dass der MSV viele Tore schießt. Dann kann sich der Deal rechnen. Außerdem hätte die Stadt weiterhin einen Fußball-Verein und müsste der Pleiten-Pech-und-Pannenliste nicht noch eine Stadionruine hinzufügen.

(kew)
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