MSV Duisburg Ratajczak: "Das erste Spiel war Gänsehaut-Feeling"

Duisburg · Der Stammtorwart des MSV über das Trainingslager in Österreich, die Highlights in Duisburg, die neue Saison und die WM.

 MSV-Keeper Michael Ratajczak.

MSV-Keeper Michael Ratajczak.

Foto: Christoph Reichwein

Wie hat Ihnen das Trainingslager gefallen?

Michael Ratajczak Wir hatten hier optimale Bedingungen. Das Wetter hat zwar nicht immer mitgespielt, aber die Aussicht entschädigt dafür. Ich liebe die Berge - die haben so etwas Großes, Starkes an sich. Ich war oft in den Bergen, habe da Urlaub gemacht und bin Skifahren - übrigens auch hier ganz in der Nähe von Scheffau, in Ellmau und in Kitzbühel.

Ihr Torwarttrainer Sven Beuckert hat Sie dieser Tage wegen der sieben Gegentore im Testspiel gegen Liefering aufgezogen. Wie sehr ärgert Sie das?

Ratajczak Ich habe lange nachgedacht, auf der Rückfahrt und auch noch am nächsten Tag, wann ich mal sieben Gegentore kassiert habe. Beim 1:6 im Benefizspiel gegen Borussia Dortmund waren die sechs Stück schon krass, aber ich glaube, das ist mir nicht mal in der Jugend passiert, dass mir einer sieben Dinger eingeschenkt hat.

Was nimmt man aus so einem Spiel mit?

Ratajczak Ich denke, dass wir daraus positive Schlüsse gezogen haben. Auch wenn das Ergebnis das nicht ganz aussagt - positiv war, dass wir drei Tore hervorragend herausgespielt haben. Und wir haben gesehen, dass wir die Defensivarbeit verbessern müssen. Das hat im zweiten Test gegen Heidenheim (0:2, Anm. d. Red.) schon besser geklappt, da haben wir taktisch gut gestanden und wenig zugelassen.

Sie sehen das Spiel Ihrer Mannschaft von hinten, haben also den Überblick. Was ist anders als in der vergangenen Saison?

Ratajczak Wir haben offensichtlich eine komplett neue Viererkette. Wir müssen die Ausfälle von Erik Wille und Branimir Bajic kompensieren, Thomas Meißner kommt gerade erst zurück. Es ist schwer, eine passende Formation zu finden. Was das Spielerische angeht, hat der Trainer ganz klare Vorstellungen, er möchte ganz klare Strukturen, sowohl offensiv als auch defensiv. Für mich hat sich nicht so viel geändert - meine grundsätzlichen Aufgaben sind es, Bälle zu fangen und möglichst kein Gegentor zu kassieren, dazu die nötige Ausstrahlung zu haben und Fehler auszubügeln.

Eine der beliebten Fragen lautet: Was ist, wenn wir uns in einem Jahr wiedersehen?

Ratajczak Dann befinden wir uns wahrscheinlich wieder in der Vorbereitung auf eine Saison.

In welcher Liga?

Ratajczak So weit möchte ich gar nicht vorausschauen. Es gibt in der Dritten Liga viele Mannschaften mit Potenzial. Für mich ist Bielefeld ganz klarer Favorit, aber es gibt sieben, acht Mannschaften, die Ambitionen haben. Wir selber müssen uns als Mannschaft entwickeln und haben dabei ein starkes Auftaktprogramm, bei dem es sofort in die Vollen geht. Regensburg hat andere Ambitionen als im letzten Jahr, dann kommen die beiden Aufsteiger Großaspach und Mainz II. Das werden keine einfachen Spiele. Die Aufsteiger kennt man noch nicht so und die haben viel Euphorie. Bis Ende August haben wir mit dem DFB-Pokalspiel gegen Nürnberg acht Spiele - das ist schon ordentlich.

Dass der MSV den DFB-Pokal erreicht hat, hat er auch Ihnen zu verdanken, weil Sie im Halbfinale gegen Rot-Weiss Essen im Elfmeterschießen überragend gehalten haben. War das der bisherige Höhepunkt Ihrer Zeit in Duisburg?

Ratajczak Es gehört dazu. Das erste Spiel in der letzten Saison gegen Heidenheim war auch ein Highlight wegen der Kulisse in der Arena - das war Gänsehaut-Feeling. Und so, wie die Saison begonnen hat, ist sie auch geendet: Mit dem Sieg im Niederrheinpokalfinale haben wir ein positives Ende gefunden. Zum Derby im Halbfinale: Auch da war die Kulisse überragend, wir lagen zurück, sind zurückgekommen, spielen die Verlängerung - und dann im Elfmeterschießen kein Tor kassiert zu haben, war schon gut.

Apropos Elfmeterschießen - wie fanden Sie es, dass der niederländische Trainer Louis van Gaal im Viertelfinale gegen Costa Rica vor dem Elfmeterschießen den Torwart gewechselt hat?

Ratajczak Das war ja auch nicht ganz neu. Mike Büskens hat das als Trainer in Fürth auch mal gemacht und im Pokalspiel gegen Dortmund in der 119. Minute den Torwart gewechselt. Bei ihm ist das aber nach hinten losgegangen: In der 120. Minute gab es noch einen Schuss aufs Tor, der Ball ging an den Pfosten, dann an den Hinterkopf des eingewechselten Torhüters und von da ins Tor. Bitter.

Wie fühlt sich denn ein Torhüter, wenn er vor dem Elfmeterschießen ausgewechselt wird?

Ratajczak Das ist auf jeden Fall hart. Du beschäftigst dich ja schon minutenlang damit, je näher das Elfmeterschießen rückt, und dann siehst du auf einmal, wie sich der andere Torwart an der Seitenlinie bereit macht, und du musst vor dem Höhepunkt des Spiels raus. Da kann ich mir schon vorstellen, dass der niederländische Torwart nicht begeistert war.

Zum Schluss noch eine Einschätzung: Wer war der beste Torwart der WM?

Ratajczak Manuel Neuer ist als solcher ausgezeichnet worden und ich denke, dass das auch stimmt. Er spielt solide, ruft konstant seine Leistung ab und war immer da, wenn er gebraucht wurde. Es gab aber auch den ein oder anderen, der mich zudem überzeugt hat: Keylor Navas von Costa Rica und Claudio Bravo von Chile wären da zu nennen.

Georg Amend führte das Gespräch

(RP)
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