Reinhard Rauball "Müssen das Vertrauen zurückgewinnen"

Dortmund · Reinhard Rauball (69) ist Präsident von Borussia Dortmund, und er führt mit Rainer Koch nach dem Rücktritt von Wolfgang Niersbach den DFB. Er erlebte ein turbulentes Jahr.

Was überwiegt in Ihrer Bilanz: der Stress oder das Glücksgefühl?

Rauball Ich kann mich nicht daran erinnern, dass es in der Vielschichtigkeit ein ereignisreicheres Jahr gab als dieses. Es war ein Jahr, das viel Kraft gekostet hat.

Haben Sie Ihr Ja zum DFB-Amt schon bereut?

Rauball Es gab dazu keine Alternative. Wenn der Präsident zurücktritt, steht man als 1. Vize-Präsident in der Verantwortung. Das muss man im Vorhinein wissen.

Wie schwer hat das Image des DFB im Zuge der Affäre um die WM-Vergabe 2006 gelitten?

Rauball Zunächst muss man abwarten, was die Untersuchungen der Kanzlei Freshfields ergeben. Dem sollten wir nicht vorgreifen. Unbestreitbar ist aber: Das Ansehen von großen Sportverbänden hat - auch durch die Skandale bei der Fifa unter Einbeziehung des Uefa-Präsidenten oder in der Leichtathletik - erheblich gelitten. Von daher ist es keine Frage: Das Vertrauen, das verloren gegangen ist, müssen wir wieder zurückgewinnen - auch beim DFB. Glaubwürdigkeit muss vorgelebt werden.

Wo müssen Sie konkret ansetzen?

Rauball Zunächst muss das Gesamtbild vollständig ermittelt und öffentlich gemacht werden. Wo sind die 6,7 Millionen Euro hingeflossen, was ist daraus geworden, nachdem sie überwiesen worden sind? Und dann müssen die richtigen Schlüsse daraus gezogen werden, um einen modernen DFB zu formen.

Können Sie der Öffentlichkeit 100 Prozent Transparenz versprechen?

Rauball 100 Prozent Transparenz hinsichtlich der Dinge, die bei den Ermittlungen zu Tage gefördert werden, kann ich versprechen.

100 Prozent Transparenz ohne Rücksicht auf große Namen?

Rauball Konsequenz ist zwingend erforderlich. Nur so gewinnen wir Glaubwürdigkeit und Vertrauen zurück.

Könnte das Profilager einen eigenen Präsidentschaftskandidaten zum DFB-Bundestag 2016 aufstellen?

Rauball Das ist theoretisch möglich. Die Mehrheit des DFB-Bundestages liegt bei den Vertretern der Amateure.

Gehen Sie heute mit einem anderen Gefühl ins Stadion als vor der Nacht von Paris?

Rauball Nein, das muss man auch trennen. Die Nacht von Paris ist das eine. Aber das Vertrauen in die Sicherheitsbehörden und an das angepasste Sicherheitssystem in den Stadien ist groß.

Die DFL arbeitet am nächsten TV-Vermarktungsvertrag. Ist eine weitere Zersplitterung des Spielplans unumgänglich?

Rauball Es geht nicht um Zersplitterung. In einem ersten Vorschlag an das Kartellamt wurden fünf zusätzliche Spiele am Sonntag und fünf zusätzliche Spiele am Montag ins Spiel gebracht. Und zwar als Entlastung für Europa-League-Teilnehmer, die am Donnerstag spielen. Dass wir hier zusätzlichen Spielraum benötigen, zeigt ja die aktuelle Saison. Welche Struktur am Ende die Rechtepakete haben werden, müssen wir abwarten.

Müssen wir uns Sorgen machen, international abgehängt zu werden?

Rauball Wir müssen die internationale Entwicklung im Blick haben. Angst zu haben, wäre aber falsch, weil wir mit unseren Konzepten bisher gut gefahren sind.

SASCHA KLAVERKAMP (RUHR-NACHRICHTEN) FÜHRTE DAS GESPRÄCH

(RP)
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