DFB-Vize Koch verurteilt Entgleisungen "Diese Leute haben nichts mit Fußballfans zu tun"

München · Die Spitze des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) hat die Entgleisungen von Hooligans rund um das 2:1 (1:0) der Nationalmannschaft im WM-Qualifikationsspiel in Prag gegen Tschechien erneut verurteilt.

Twitter schimpft über deutsche Hooligans in Prag
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Foto: afp

"Die Linie der Mannschaft, von Joachim Löw, Oliver Bierhoff und dem DFB-Präsidium ist klar: So etwas können wir nicht billigen und nicht dulden", sagte DFB-Vizepräsident Rainer Koch im Doppelpass bei Sport1.

Eine Gruppe neben dem Auswärtsblock beleidigte den DFB, störte bei den Nationalhymnen und einer Schweigeminute für zwei verstorbene tschechische Fußballfunktionäre. Dazu kamen Gesänge mit nationalsozialistischem Hintergrund.

"Bodensatz der deutschen Gesellschaft"

Laut Koch hatte der Verband die Störungen befürchtet. "Wir haben vor dem Spiel gewusst, dass Bodensatz der deutschen Gesellschaft mit in Prag ist. Diese Leute haben nichts mit Fußballfans zu tun. Denen muss man sagen, dass sie im Stadion nichts zu suchen haben", äußerte der 58-Jährige: "In Kneipen wurde sogar faschistische Musik gespielt. Vorher wurde gedroht, die Kneipen kurz und klein zu schlagen, falls die Musik nicht aufgelegt wird."

Koch rechtfertigte in diesem Zusammenhang die Stadionverbote des Verbandes. "Ein Fußballfan kann nur jemand sein, der nichts mit Gewalt und dem gefährlichen Abbrennen von Pyrotechnik zu tun hat", sagte der Jurist: "Die Frage ist, wie wir uns von diesen Zuschauern, die wir nicht wollen, trennen können. Und da helfen nur Stadionverbote, anders geht es nicht."

"Ich bin voller Wut"

Auch Joachim Löw hat in scharfer Form die Hetze und die Beleidigungen deutschen Fußball-Anhänger in Prag verurteilt. "Ich bin voller Wut und sehr angefressen über das, was passiert ist. Dass einige sogenannte Fans die Bühne des Fußballs und eines Länderspiels benutzen, um mit ihren oberpeinlichen Auftreten viel Schande über unser Land zu bringen", sagte der Bundestrainer am Sonntag in Stuttgart.

"Wenn wir das Trikot anziehen und ins Ausland gehen, ist es für uns immer eine wichtige Prämisse, dass wir unser Land würdig vertreten, dass wir für Werte stehen wie ein respektvolles und tolerantes Deutschland", erklärte der DFB-Chefcoach: "Diese Chaoten beschädigen dieses Bild."

Erinnerungen an 1996 in Polen

Das schlimme Verhalten deutscher Fans beim WM-Qualifikationsspiel am vergangenen Freitag in Prag gegen Tschechien (2:1) ist in der Geschichte der deutschen Fußball-Nationalmannschaft kein Einzelfall. Wiederholt gab es Probleme mit deutschen Randalierern bei Auslands-Länderspielen. Zu den schlimmsten Vorfällen zählt das Auftreten von 300 deutschen Chaoten am 4. September 1996 (2:0) im polnischen Zabrze.

Die Rowdys lieferten sich damals eine Schlägerei mit polnischen Ordnungskräften. Auf den Rängen hatten die Hooligans die Gastgeber mit Gesängen ("Wir sind wieder einmarschiert...") und einem Transparent ("Schindler-Juden, wir grüßen Euch") provoziert sowie eine Prügelei angezettelt. Die Chaoten rissen damals Sitzbänke aus den Verankerungen und bewarfen damit die Polizei. Massiver Einsatz der Ordnungshüter verhinderte Schlimmeres.

"Das ist eine Katastrophe"

"Das ist eine Katastrophe", hatte der damalige DFB-Präsident Egidius Braun als Augenzeuge der Geschehnisse geschimpft. Der damalige Bundestrainer Berti Vogts hatte betont: "Das sind Feinde des Fußballs. Das Brutalste waren die Gesten gegenüber dem polnischen Volk. Dafür müssen wir uns entschuldigen."

Im Vorfeld des Spiels hatte es Warnungen vonseiten deutscher Sicherheitskräfte gegeben. Vogts: "Aber sie haben nicht auf unsere Warnungen gehört." 30 der 300 Krawallmacher mit rechtsradikaler Gesinnung waren im September 1996 sogar ohne Reisepass eingereist.

Beim Spiel in Prag hatten deutsche Problemfans ebenfalls gepöbelt und Nazi-Parolen angestimmt. Auch der Deutsche Fußball-Bund ("Scheiß DFB") im Allgemeinen und Nationalspieler Timo Werner wurden unflätig beschimpft.

(sid)
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