Länderspiel in Köln Löw setzt gegen Frankreich auf Trapp

Köln · Der Pariser steht heute Abend beim Testspiel in Köln im Tor. Sami Khedira und Toni Kroos bilden das zentrale Mittelfeld.

Kevin Trapp: Deutscher im Tor von Paris Saint-Germain
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Das ist Kevin Trapp

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Foto: dpa/Uwe Anspach

Konrad Adenauer mochte die "Schäl Sick" nicht besonders. Wann immer ihn jemand zwang, mit der Eisenbahn aus dem Kölner Hauptbahnhof über die Hohenzollernbrücke Richtung Deutz zu fahren, zog er schon vor dem rechten Rheinufer die Gardinen im Eisenbahnabteil zu. "Sibirien" nannte der erste Kanzler der jungen Bundesrepublik die rechte Rheinseite.

Inzwischen ist die "Schäl Sick" mindestens in der Mitte der Kölner Gesellschaft angekommen. Das erkennt man auch daran, dass der sportliche Adel der Neuzeit gar nichts dabei findet, in einem feinen Hotel auf der rechten Rheinseite zu residieren. Der Anteil der kölschen Volksgruppe im Aufgebot des Deutschen Fußball-Bundes kommt allerdings seit dem Abschied von Lukas Podolski sehr bescheiden daher.

Im Kader für das abschließende Länderspiel des Jahres heute Abend in Köln gegen Frankreich (20.45 Uhr/ARD) stehen nur drei Athleten mit ausgeprägter Ortskenntnis. Bernd Leno und Julian Brandt, die für Bayer Leverkusen auf der "Schäl Sick" spielen, und Toni Kroos, der seinen Zweitwohnsitz in Köln hat. Dass die Millionenstadt am Rhein in diesem Sportlerleben mal zum Erstwohnsitz wird, glaubt Kroos, der Mann aus Madrid, nicht. Das tut der Liebe freilich keinen Abbruch. "Hier", sagt er, "habe ich mich immer wohl gefühlt."

Daran soll der Abend mit dem letzten Testspiel 2017 nichts ändern. "Wir wollen das Spiel natürlich gewinnen", erklärt der Mittelfeldspieler, "das ist ein qualitativ hochwertiger Gegner. Deswegen gehen wir in die Partie, als wenn es ein Pflichtspiel wäre."

Das wiederum mag sein Trainer nicht unbedingt unterstreichen. "Es ist ein Testspiel", betont Joachim Löw, und er schließt daraus: "Solche Spiele sind dazu da, einiges zu testen." Aha.

Gut aussehen soll sein Team dennoch. Deshalb geht es wieder mal um die Balance zwischen ernsthaften sportlichen Ansprüchen und der Freiheit, die eines der im Jahreskalender nicht so häufigen Freundschaftsspiele gewährt. Es kommt dem Bundestrainer gerade recht, dass vor allem sein Stammpersonal seit Jahren in einem anstrengenden Spielrhythmus unterwegs ist. Daher beklagt sich niemand, wenn er mal ein Spiel aussetzen muss. "Die Belastung ist schon auch sehr hoch", erklärt Löw, "darauf muss ich Rücksicht nehmen. Da kann ich dann einige Spieler testen."

Gegen die Franzosen wird das zum Beispiel Torwart Kevin Trapp sein. Dem Schlussmann von Paris St. Germain gibt der Coach eine Einsatzgarantie, "weil er im Training einen sehr guten Eindruck macht und eine sehr gute Ausstrahlung hat". Dass Kroos und Sami Khedira das routinierte Paar im zentralen defensiven Mittelfeld bilden werden, verrät Löw ebenfalls. Aber es ist keine große Überraschung. Es könnte durchaus sein, dass Innenverteidiger Mats Hummels seine müden Füße heute Abend ein wenig höher legen darf. Der Münchner wollte bereits im Klub beim zurückliegenden Bundesligaspiel in Dortmund zur Halbzeit eine Pause. Darauf reagierte sein Vereinstrainer Jupp Heynckes so: "Ich musste das verweigern. In so einem Spiel nimmt man den Eckpfeiler nicht raus."

Löw ließ Hummels beim 0:0 in England ebenfalls durchspielen. Jetzt hat der Kapitän von London Schonung verdient. Mögliche Ersatzleute wie Jerome Boateng und Niklas Süle stehen dafür, dass die Abwehr nicht sehr viel schlechter wird, auch wenn Hummels zuletzt in großer Form auftrat.

Eine gute Abwehr wird Löw benötigen. Selbst die Tatsache, dass sein Kollege Didier Deschamps auf die verletzten Angreifer Olivier Giroud und Ousmane Dembélé verzichten muss, macht die Franzosen nicht wesentlich schwächer. "Der Trainer kann vorne durchwechseln, er hat immer Weltklasse zur Verfügung", urteilt Löw. Er hält Frankreich "für noch gefährlicher als England", weil auch die Abwehr- und Mittelfeldspieler gern den Angriff anschieben. "Da brauchen wir Spieler, die sehr aufmerksam sind", stellt der Bundestrainer fest.

Sein Team wird sich freilich nicht allein damit beschäftigen, einen stürmenden Gegner in der massierten Abwehr zu erwarten. Das passt nicht zu Löws Spielentwurf. "Wir wollen uns in der Offensive besser in Szene setzen als in England", verlangt er. Im Wembleystadion fehlte es manchmal am Tempo im Spiel nach vorn und in der letzten halben Stunde auch an der Leidenschaft. Da wurde es ein typisches Testspiel, in dem keine der beiden Mannschaften mit dem größten Druck nach vorn ging.

In dieser Hinsicht will Löw gegen Frankreich mehr sehen. Es muss sich aber nicht dringend im Ergebnis niederschlagen. "Das Ergebnis ist für mich nicht das Allerwichtigste", beteuert er am Ende eines Jahres, das noch keine Niederlage brachte.

Wichtiger als der Erfolg sei es, "eine gewisse Fehlerkultur zuzulassen", erklärt der Trainer, "denn nur aus Fehlern kann man lernen". Da will niemand widersprechen. Auch nicht auf der "Schäl Sick".

(pet)
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