Erzgebirge-Stürmer Nazarovs Tor gegen den Weltmeister und was Vogts damit zu tun hat

Baku · Dimitrij Nazarov von Erzgebirge Aue ist gelungen, was seine viel berühmteren Kollegen aus Italien oder England zuletzt nicht geschafft hatten: Ein Tor gegen den Weltmeister.

Dimitrij Nazarov jubelt über sein Tor.

Dimitrij Nazarov jubelt über sein Tor.

Foto: afp

Dimitrij Nazarov war mächtig stolz. "Das kann man nicht beschreiben", sagte der 26-Jährige über die Emotionen nach seinem Treffer beim 1:4 (1:3) im WM-Qualifikationsspiel mit Aserbaidschan gegen die deutsche Fußball-Nationalmannschaft, "der Weltmeister ist ins Land gekommen, das Stadion war ausverkauft, Wahnsinnsstimmung. Wir liegen 0:1 zurück, der Schock sitzt tief, aber dann machen wir das 1:1." Wir? Er!

Mit seinem Tor beendete Nazarov nach 678 Minuten ohne Gegentreffer die Rekordserie der DFB-Elf. Was den Stars aus Italien oder England zuletzt nicht gelungen war, gelang ihm, dem Zweitligakicker von Erzgebirge Aue. Und das (auch) dank Berti Vogts.

Vogts warb Nazarov an

Der frühere Bundestrainer hatte Nazarov in seiner Zeit als Nationalcoach von Aserbaidschan überhaupt erst für die "Milli" entdeckt. Nazarov wurde 1990 in Kasachstan geboren, das damals noch zur bald zerfallenden Sowjetunion gehörte. Die Fifa aber erlaubte Spielern aus der UdSSR nach dem Zusammenbruch, sich für eine Nationalmannschaft aus dem ehemaligen Sowjetgebiet zu entscheiden - ganz gleich, ob sie dorthin eine Verbindung hatten oder nicht. Und so warb Vogts Nazarov an.

Der war inzwischen längst in Deutschland gelandet, wuchs in Worms-Pfeddersheim auf und versuchte sich zunächst bei den zweiten Mannschaften des 1. FC Kaiserslautern und von Eintracht Frankfurt. Als Nazarov in Baku über seinen historischen Moment sprach, war die rheinhessische Sprachfärbung deutlich zu hören.

"Ich hatte am Anfang den Gedanken, ihn direkt zu nehmen", berichtete er, frisch geduscht, und doch noch sichtlich aufgewühlt, "aber er ist ein bisschen aufgedopst. Mein erster Kontakt war sehr gut, dann lag er mir vor den Füßen, und ich musste ihn nur noch einputten."

30.000 Azeri rasteten aus, das altehrwürdige Tofik-Bachramow-Stadion bebte. "Ich weiß gar nicht, was ich in dem Moment gedacht habe", sagte Nazarov, "mich konnte keiner mehr einfangen. Du triffst gegen den Weltmeister, gegen mein Land, wo ich lebe, wo meine Familie zu Hause ist, zum Ausgleich! Das ist ein unbeschreibliches Gefühl."

Es war die Belohnung für ein "gutes Spiel" des Weltranglisten-89., wie Nazarov fand, "die Jungs haben sich was zugetraut, wir konnten erhobenen Hauptes vom Feld gehen". Für die Qualifikation zur WM 2018 im nahen Russland wird's dennoch nicht reichen, Nazarov aber hat bei seiner Rückkehr ins Erzgebirge was zu erzählen. "Den ein oder anderen Glückwunsch" erwarte er schon in Aue, sagte er, "trotz des Treffers gegen Deutschland."

Und danach? Am Montag hatte Nazarov, der für Aue in den letzten fünf Spielen viermal traf, nach beschwerlicher Rückreise trainingsfrei, "am Dienstag geht die Vorbereitung auf St. Pauli los". Ein Fußball-Held im Abstiegskampf.

(sid)
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