DFB-Team Die nächste Generation macht Mut

Dortmund · Der Deutsche Fußball-Bund muss sich um die Zukunft der Nationalelf nicht sorgen. Der Nachwuchs besteht die Belastungsprobe gegen starke Engländer. Dennoch hat er Luft nach oben.

Manchester Citys Leroy Sané.

Manchester Citys Leroy Sané.

Foto: ap, mm

Lukas Podolski drehte noch eine Ehrenrunde, er ließ sich noch mal vor seinen (Kölner) Fans auf der Dortmunder Südtribüne mit allen Kölner Fahnen und Schals fotografieren, die Stadionregie legte noch einmal "Ich ben nur ne kölsche Jung" von Brings auf. Und dann war die Länderspielgeschichte von Lukas Podolski vorbei. "Jetzt ist auch mal gut", sagte der Jubilar auf die Frage, was denn nun noch geplant sei, "ich fahr jetzt für ein paar Tage nach Kölle." Wohin sonst?

Seine Fans lässt er leicht verzaubert zurück. In seinem 130. Länderspiel erzielte er sein 49. Tor, es war das entscheidende zum 1:0-Sieg über England. Und es war ein echtes Podolski-Tor, aus mehr als 20 Metern traf er in den Giebel. Die Beobachter waren sich allenfalls uneinig, ob sie sagen sollten, er habe den Ball ins Dreieck geschweißt, geknallt oder geschmettert. Das war auch gleich. "Das Tor war unnachahmlich", sagte Bundestrainer Joachim Löw. Gut gesehen.

Der oberste Übungsleiter der Nation freute sich nicht nur über den märchenhaften Abschied seines langjährigen Weggefährten. Passend zum Ausstand des alten Herren Podolski bestand in Dortmund ein Teil der Nachwuchskräfte auf der großen Bühne den Belastungstest. Mit erkennbarer Nervosität in der ersten Halbzeit, mit klarer Steigerung nach dem Wechsel. "Es ist gut, dass die Spieler so eine Erfahrung machen", erklärte Löw, "die Engländer haben uns mit ihrem Pressing vor eine gute Herausforderung gestellt. Es war eine gute Schule. Man kann einiges mitnehmen."

Löws Lehrlinge Julian Brandt, Leroy Sané, Timo Werner und Julian Weigl lernten schnell. Sie verbesserten die Raumaufteilung, stellten sich mit zunehmender Spieldauer im Angriff nicht mehr die Laufwege zu, fanden so zu deutlich mehr Struktur und profitierten deshalb von den fußballerischen Ansätzen, die Toni Kroos auf den Platz brachte. So kam die deutsche Mannschaft gegen ein starkes englisches Team immer mehr auf die vielzitierte Augenhöhe. Am Ende hatte sie ein bisschen Glück, dass Torwart Marc-André ter Stegen zwei große Gelegenheiten der Briten vereitelte und dass Podolski eine der wenigen Chancen entschlossen nutzte. "Eigentlich", urteilte Englands Trainer Gareth Southgate, "waren wir die bessere Mannschaft, uns fehlte nur der Abschluss." Die Deutschen waren in dieser Hinsicht stärker, und sie ließen nach der Führung nichts mehr anbrennen. Auch das ist eine Erkenntnis aus dem Testspiel, die Löw gerne mitnahm.

Sieben Stammspieler fehlten gegen England

Er wird mit Genugtuung festgestellt haben, dass er sich um die Zukunft der DFB-Auswahl keine größeren Sorgen machen muss. Es wird schließlich nicht jede Nationalelf ihre Wettbewerbsfähigkeit beweisen können, die auf sieben Spieler mit berechtigten Stammplatz-Ansprüchen verzichten muss. Löw ließ in Dortmund ohne Torwart Manuel Neuer, den amtierenden Abwehrchef Jerome Boateng, die Mittelfeldspieler Mesut Özil, Sami Khedira, Julian Draxler und den Stürmer Mario Gomez spielen. Thomas Müller durfte nur ein paar Minuten ran.

Unter diesen Voraussetzungen war sehr anständig, was die deutsche Mannschaft auf den Rasen brachte. Die gern bemühte Luft nach oben haben allerdings auch die großen deutschen Talente. Weigl wirkte längst nicht so sicher im Aufbau wie in seinem gewohnten Dortmunder Mannschaftsumfeld. Brandt und Sané kamen erst ins Tempospiel, als sie sich bewusster über den Platz bewegten. Timo Werner rannte bis zu seiner Auswechslung wie ein Hase, aber er fand lange nicht die Tiefe des Raumes - dabei ist genau das seine große Qualität im Klub. Dazu spielten ihm zu Beginn gelegentlich die Nerven einen Streich, und er ließ so manchen Ball abprallen, den er sonst wohl sicher beherrscht hätte. Das ist freilich Mäkelei auf hohem Niveau, und es gab mal ganz andere Zeiten im deutschen Fußball.

Jene beispielsweise zu Podolskis Einstand. 2004 taten in der Nationalelf die Herren Fabian Ernst, Andreas Hinkel und Christian Wörns Dienst. Von der Tiefe des Raums hatten die allenfalls mal was in der Biographie von Günter Netzer gelesen.

(pet)
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