Nationalmannschaft Löw hat noch keinen Nachfolger für Lahm gefunden

Dortmund · Es gab einmal eine Zeit, da pflügten gestandene Mannsbilder wie Berti Vogts, Horst-Dieter Höttges oder Karl-Heinz Schnellinger rechts und links des eigenen Strafraums den Rasen um. Sorgen musste sich damals niemand um die Besetzung der Außenverteidiger-Posten in der Nationalmannschaft machen.

Das sind mögliche Außenverteidiger für den DFB und Joachim Löw
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Außenverteidiger für Joachim Löw

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Foto: dpa/Jonathan Moscrop

Auch einige Jahre später nicht, als Manfred Kaltz seine Bananenflanken schlug oder Andreas Brehme nicht nur die gegnerischen Rechtsaußen stoppte, sondern auch noch WM-entscheidende Elfmeter versenkte.

Die aktuellen Realitäten in der DFB-Elf sehen anders aus. Nachdem Philipp Lahm sich entschlossen hat, dem Nationalteam nicht mehr zur Verfügung zu stehen, sind die Positionen des rechten und linken Verteidigers — die Lahm gleichermaßen bekleiden konnte — zu den größten Baustellen für Bundestrainer Joachim Löw geworden.

Daran ändert auch das erste Qualifikationsspiel zur EM 2016 nichts. Zwar gewann der Weltmeister gegen Schottland 2:1, und der für die rechte Seite der Vierer-Abwehrkette nominierte Sebastian Rudy gab auch noch die Flanke zu Thomas Müllers 1:0 — der weitere Verlauf der Partie zeigte jedoch, dass die Suche nach der Lahm-Nachfolge keinesfalls abgeschlossen ist. Beim schottischen Ausgleich muss man dem Hoffenheimer zwar mildernde Umstände zugestehen, weil ihn seine Mitspieler Mario Götze, Müller (durch den Ballverlust vorn) und Benedikt Höwedes (durch Passivität hinten) im Regen stehen ließen. Ungeachtet dessen offenbarte Rudy ebenso wie sein Kollege auf der linken Seite, der Dortmunder Erik Durm, deutliche Defizite in der Defensivarbeit.

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"Sie müssen Erfahrungen sammeln"

Wirklich vorwerfen kann das zumindest Rudy niemand. "Auf dieser Position habe ich seit einem Freundschaftsspiel vor zwei Jahren nicht mehr gespielt", gab der 24-Jährige zu Protokoll. Und dieses Manko in Sachen Erfahrung war ihm immer stärker anzumerken, je länger das Spiel dauerte, so dass Löws Zusammenfassung eher gut gemeint als treffend war: "Ich war schon auch über lange Zeit mit beiden Außenverteidigern zufrieden. Sie haben versucht, nach vorne viel Druck zu entfachen. Aber beide sind noch jung und müssen Erfahrungen sammeln."

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"Licht und Schotten"

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Durm, der obendrein in der Offensive blasser blieb als Rudy, sammelte seine Erfahrungen in der vergangenen Woche sogar doppelt, hatte ihn doch der Argentinier Angel Di Maria beim 2:4 in Düsseldorf bereits kräftig auf links gedreht.

Der Bundestrainer steuerte zur Diskussion noch Erhellendes bei: "Ich werde mit Sicherheit in den nächsten Wochen in der Liga schauen, da spielen ja einige auf den Außenverteidigerposten." Mindestens 36, wollte man ihm da zurufen, auch wenn nicht alle davon für Löws Auswahl greifbar sind. Immerhin tat der Coach noch kund, dass Kevin Großkreutz "da wohl nicht mehr spielen" werde, "in Dortmund ist wohl Piszczek der rechte Verteidiger". Stimmt. Deshalb kann er sich eher den Stuttgarter Antonio Rüdiger als Außenverteidiger "gut vorstellen, mit seiner Kraft und Kopfballstärke. Auch die Freiburger Sorg und Günter sind Optionen."

All diese Namen zeigen, wie kritisch es kurz nach dem Gewinn des vierten Sterns um das frühere Glanzstück deutschen Fußball-Handwerks bestellt ist. Denn ohne den drei Kandidaten zu nahe zu treten: Ebenso wie bei Rudy und Durm sind Zweifel angebracht, ob sie nachhaltig internationales Format besitzen. Nun zeigt sich, dass in den Nachwuchs-Leistungszentren der Bundes- und Zweitligisten der Schwerpunkt vielleicht doch ein wenig stark auf der Ausbildung von Mittelfeldspielern lag. Allroundtalent Philipp Lahm hat dieses Manko jahrelang übertüncht.

(RP)
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