2:4-Niederlage gegen Argentinien Der Weltmeister zahlt Lehrgeld

Düsseldorf · Das zweite öffentliche Training der deutschen Nationalmannschaft in Düsseldorf hat dann doch ein bisschen Eindruck hinterlassen. Auch bei Bundestrainer Joachim Löw. Das lag im Wesentlichen daran, dass sich der Weltmeister im Unterschied zum gefeierten Auftritt am vergangenen Montag für den Mittwochabend einen Gegner zum Training eingeladen hatte, der die letzte Erinnerungsparty an das Finale von Rio formschön zu stören verstand.

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Foto: ap, FA

Argentinien gewann das erste Testspiel der Länderspielsaison mit 4:2 und hatte unterwegs mal gegen überforderte Deutsche mit 4:0 geführt. Das brachte Löw zumindest in seinen ersten Wortbeiträgen ein wenig aus der selbstverordneten Fassung. "Das Spiel", erklärte der oberste Übungsleiter der Nation, "ist vom Spielverlauf ein bisschen gegen uns gelaufen." Es erinnerte an Andreas Möllers unvergessliches: "Vom Feeling her hatte ich ein gutes Gefühl."

Joachim Löw: Deutschland verliert 2:4 gegen Argentinien: Pressestimmen
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Deutschland - Argentinien: Pressestimmen

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Aber auch Löw steckt angeblich nicht im Zwiespalt der Gefühle. Nach kurzer Sammlung befand er: "Es war alles okay, als Trainer weiß ich das schon einzuordnen." Wie die 50.000 Zuschauer im Stadion und rund zehn Millionen vor den Fernsehern hatte er natürlich nicht übersehen können, dass die deutlich um Wiedergutmachung fürs verlorene Finale bemühten Argentinier namentlich der deutschen Deckung eine Lektion erteilten.

Vor allem die Dortmunder Verteidiger Kevin Großkreutz, Erik Durm und Matthias Ginter zahlten mächtig Lehrgeld — auch weil sie von den offensiven Kollegen in der Abwehrarbeit allein gelassen wurden. "Sorgen macht mir das nicht", beteuerte Löw, "das Spiel am Sonntag gegen Schottland werden wir ganz anders bestreiten."

In Dortmund gibt es dann kein öffentliches Schaulaufen mehr, sondern das erste Qualifikationsspiel zur Europameisterschaft 2016. Die ist nun das nächste große Ziel der DFB-Auswahl. Und Löw passen die herben Erfahrungen, die seine jüngeren Spieler vor allem in den aussichtslosen Sprintduellen mit dem argentinischen Weltklassestürmer Angel Di Maria sammeln durften, wunderbar ins Aufbauprogramm. "Das sind alles hochtalentierte Spieler, die zum ersten Mal in so einem Spiel standen", stellte er fest, "unser Ziel ist, diese Spieler in den nächsten zwei Jahren in die Mannschaft zu führen." Bis dahin sei "schon auch ein bisschen Geduld" nötig.

Rüdiger mit guten Aktionen nach seiner Einwechslung

Deutschland - Argentinien: Mario Gomez vergibt drei Großchancen
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Gomez vergibt drei Riesenchancen gegen Argentinien

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Das Düsseldorfer Publikum hatte davon ausreichend. Es war offenbar auch in finsterer Feierabsicht erschienen. Lediglich der großzügige Umgang des Stürmers Mario Gomez mit seinen Chancen brachte die Spaßgesellschaft auf den Rängen kurzfristig aus der Spur. Doch schon die Einwechslung des Stuttgarter Verteidigers Antonio Rüdiger wurde wieder in Sprechchören für den Abwehrmann gefeiert — ganz besonders, als dem dann zwei, drei gelungene Zweikämpfe unterliefen.

In Löws Zukunftsmodellen spielt er ebenso eine Rolle wie Großkreutz und Durm. Das liegt an den bekannten Problemen der deutschen Mannschaft auf den Außenverteidiger-Positionen und am Abschied von Philipp Lahm, der zumindest eine der beiden Bahnen zuverlässig in Weltklasse-Vorstellungen beackerte.

Der Weg der Nachwuchsleute bis dahin ist sehr weit, wahrscheinlich zu weit. Löw muss aus fußballerisch deutlich bescheideneren Möglichkeiten neue Lösungen basteln. Und es ist einstweilen nicht so unwahrscheinlich, dass er bald wieder zu seinem zu Turnierbeginn in Brasilien erprobten Modell mit der Vierer-Abwehrkette aus gelernten Innenverteidigern zurückkehrt. Dafür müsste der Münchner Holger Badstuber nach 20 Monaten Verletzungspause wieder zu alter Form finden. Er wäre ein Kandidat für die linke Seite, und dass der Schalker Benedikt Höwedes rechts ganz ordentlich spielen kann, hat der schon bewiesen. Innen gibt es zurzeit keine sinnvolle Alternative zur Doppelpackung Jerome Boateng/Mats Hummels.

Auch das ist eine Erkenntnis aus dem aufschlussreichen Testspiel gegen die Argentinier.

(RP)
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