Halbes Jahr Pause für Nationalspieler Kreuzbandriss! Sami Khedira bangt um WM-Teilnahme

Das achtbare 1:1 der deutschen Fußball-Nationalmannschaft bei Angstgegner Italien wurde von der schweren Verletzung von Sami Khedira überschattet, der nach seinem Kreuzbandriss sogar um die WM-Teilnahme bangen muss.

Halbes Jahr Pause für Nationalspieler: Kreuzbandriss! Sami Khedira bangt um WM-Teilnahme
Foto: afp, OLIVIER MORIN

Als Joachim Löw die Schock-Nachricht erhielt, blieb ihm fast der Rotwein im Hals stecken. Schlagartig wurde es still an der Bar des noblen Teamhotels Principe di Savoia in der Nähe des prachtvollen Mailänder Doms. "Innenbandriss und Riss des vorderen Kreuzbandes im rechten Knie bei Sami Khedira", lautete die niederschmetternde Nachricht, die den Bundestrainer nur wenige Stunden nach seinem gelungenen Jubiläumsspiel beim 1:1 (1:1) gegen Italien in San Siro erreichte.

Entsprechend gedrückt war auch die Stimmung im gesamten Team beim zweistündigen Flug am Samstagnachmittag von Mailand nach London, wo am Dienstag das letzte Spiel des Jahres der DFB-Auswahl gegen England (21.00 Uhr/ARD) auf dem Programm steht. Khedira fehlt aber nicht nur bei diesem Klassiker, der 26-Jährige droht auch für die WM-Endrunde 2014 in Brasilien (12. Juni bis 13. Juli) auszufallen. "Sami muss operativ behandelt werden, wir haben die Hoffnung, dass er zu Beginn der WM wieder gesund ist", sagte Mannschaftsarzt Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt, der Khedira und Bundestrainer Löw somit Hoffnung machte.

"Das ist ein bitterer Rückschlag für Sami und uns alle. Er ist auf und neben dem Platz eine ganz große Kämpfernatur und Persönlichkeit. Er denkt immer positiv. Das wird ihm helfen, und daher bin ich auch optimistisch, dass er rechtzeitig bis zum Anpfiff der WM in Brasilien wieder fit wird. Wir wünschen ihm alles Gute und drücken ihm die Daumen, dass die Operation gut verläuft und er schnell in die Reha einsteigen kann", kommentierte Löw selbst nach seinem 100. Länderspiel als Bundestrainer niedergeschlagen die schwere Verletzung eines seiner Leistungs- und Hoffnungsträger für die WM.

Khedira, dessen Stern in der Nationalmannschaft bei der WM 2010 in Südafrika aufgegangen war und der sich anschließend bei Real Madrid zu einem Topstar entwickelt hat, war nach einem Zweikampf mit Andrea Pirlo liegengeblieben und musste nach einer zuvor starken Vorstellung in der 67. Minute ausgewechselt werden. Bei der Kernspintomografie in einem Mailänder Krankenhaus bewahrheiteten sich dann die schlimmsten Befürchtungen.

"Das ist ganz bitter. Sami ist eine Konstante in unserem Spiel", sagte Kapitän Philipp Lahm, der angesichts der Verletzung von Bastian Schweinsteiger und Ilkay Gündogan erneut im Mittelfeld gespielt hatte. Schweinsteiger und Khedira sind von Löw für die WM eigentlich als spielerisch starker Defensiv-Block im Mittelfeld vorgesehen.

Dass Lahm nach dem Ausfall von Khedira künftig weiter im Mittelfeld spielt, muss er indes nicht befürchten. "Ich plane weiter mit ihm auf der rechten Seite der Viererkette. Nach den Ausfällen von Bastian Schweinsteiger und Ilkay Gündogan wollte ich aber etwas Erfahrung im Mittelfeld haben. Dauerhaft werden wir ihn aber wieder auf rechts sehen, weil wir genug gute Spieler für das Mittelfeld haben."

Dazu zählt sicher auch Mario Götze, der gegen die Italiener als falsche Neun agierte und nicht überzeugen konnte. Denn gegen die robuste Abwehr der Gastgeber stand er zumeist auf verlorenem Posten.

Gegen England wird der Münchner wohl wieder in seine Paraderolle schlüpfen und in dem Gladbacher Max Kruse die einzige nominelle Spitze im Aufgebot in vorderster Front spielen. Zudem wird es einige weitere Änderungen im Gegensatz zur Startformation von San Siro geben. In Lahm, Torwart Manuel Neuer sowie Mesut Özil schickte Löw drei Stammkräfte, die ohnehin bei ihm gesetzt sind, vorzeitig nach Hause.

So wird der Dortmunder Torwart Roman Weidenfeller mit seinen 33 Jahren im Klassiker zum 150. Jubiläum des englischen Verbandes sein Debüt in der Nationalmannschaft feiern. Zudem sollen seine Dortmunder Teamkollegen Marcel Schmelzer und Marco Reus ebenfalls von Beginn an spielen, was möglicherweise BVB-Boss Hans-Joachim Watzke auf die Palme bringen wird.

"Ich bin mir sicher, dass vor dem Topspiel gegen Bayern mit der gesamten Situation sensibel umgegangen wird. Deswegen gehen wir davon aus, dass beide Vereine gleich behandelt werden", hatte der Borussia-Geschäftsführer mit Blick auf das Bundesliga-Spitzenspiel am 23. November zwischen Dortmund und Triple-Gewinner Bayern München erklärt. Dass Lahm sowie Neuer sich am Dienstag auf dem Sofa auf den Gipfel vorbereiten dürfen, dürfte Watzke nicht gerade erfreuen.

Dabei konnte er sich doch über den zweiten Länderspieltreffer von BVB-Star Mats Hummels freuen, der in der 8. Minute die Gäste in Führung gebracht hatte. 20 Minuten später sorgte allerdings Ignazio Abate mit dem 1:1 dafür, dass Deutschland nunmehr seit fast 18 Jahren auf einen Sieg gegen die Azzurri wartet. Dreimal Aluminium von Andre Schürrle, Khedira und Benedikt Höwedes waren da nur ein schwacher Trost.

Löw war mit dem Auftritt seiner Mannschaft dennoch sehr zufrieden. "Unter dem Strich war es eine sehr gute Leistung von uns. Mit etwas Glück hätten wir auch gewinnen können. Es wird die Zeit kommen, wo wir Italien auch bei einem Turnier schlagen", sagte der 53-Jährige.

Dass es in seinem Jubiläumsspiel zum Sieg nicht gereicht hat, war Löw ohnehin egal: "Ich habe schon vorher gesagt, dass mir die Zahl 100 nicht so viel bedeutet. Ich würde lieber nach meinem 112. Länderspiel als Bundestrainer einen Grund zum Feiern haben. Das wäre dann hoffentlich das WM-Finale in Brasilien."

Und dass die Chancen dafür gut stehen, unterstrich auch Italiens Trainer Cesare Prandelli: "Wir haben heute gegen die beste Mannschaft der Welt gespielt." Noch kann sich Joachim Löw für dieses Lob aber nichts kaufen.

(sid)
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