Vokuhilas und ein Video Wie Stefan Kuntz zum England-Schreck wurde

Tychy · Stefan Kuntz verbindet mit England eine besondere Beziehung. Durch sein Tor im EM-Halbfinale 1996 in Wembley wurde er sogar im Video zum Song Three Lions verewigt.

Stefan Kuntz: Europameister, Funktionär, U21-Nationaltrainer
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Das ist Stefan Kuntz

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Foto: dpa, spf jai

Kuntz fühlte sich wohl. Eine ganze Traube englischer Journalisten wartete im Krakauer Stadion auf den DFB-Trainer, nur auf ihn, den Mann, den in Italien oder Spanien wohl nur noch eingefleischte Fans kennen, in England dagegen jeder Mann, der älter als 30 Jahre ist. "Stefan", sagte einer der Journalisten: "Bis zum Anstoß am Dienstag wird dein Tor im englischen Fernsehen rauf und runter laufen."

"Dein Tor", das ist Kuntz' Treffer im EM-Halbfinale 1996 gegen England, in England, in Wembley. Kuntz glich zum 1:1 aus und traf später auch im Elfmeterschießen. Englands Aus bei der Heim-EM ist seither untrennbar mit dem Namen Kuntz verbunden. Wenn die deutsche U21 also am Dienstag (18 Uhr/ARD) in Tychy gegen die "Young Lions" um den Einzug ins EM-Finale spielt, steht der deutsche Trainer auch auf der Insel im Fokus.

Heimlicher Star im Musikvideo

Sogar in das Musikvideo des vielleicht besten Fußball-Songs aller Zeiten hat es Kuntz geschafft. Im Clip zur 1998er Version von "Three Lions — Football's Coming Home" der Band Lightning Seeds treffen englische Fans auf einer Raststätte auf eine Gruppe deutscher Anhänger. Diese tragen Vokuhilas, Schnauzbärte — und fast alle den Schriftzug "Kuntz" auf dem Trikot. Wegen jenes Tores, aber auch, weil die Engländer den Namen so lustig finden. Kuntz kennt das Video natürlich.

Auch in Polen wird der DFB-Trainer ständig an jene EM 1996 erinnert. "Die Parallelen sind frappierend. Wir haben damals im ersten Spiel gegen Tschechien gespielt, im dritten gegen Italien und dann im Halbfinale gegen England. Alles genau wie hier. Das sind Geschichten, die nur der Fußball schreibt", sagt der 54-Jährige — und fügt den unvermeidlichen Satz hinzu: "Ich hoffe, dass es hier genauso endet wie 1996." Mit dem Titel also.

Kalkulierter Mut im Elfer-Drama

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Mit den englischen Journalisten schwelgte Kuntz in Krakau noch in weiteren EM-Erinnerungen. Vom Wembley-Stadion etwa, das er beim Abschlusstraining langweilig fand, ehe er einen Tag später von der Magie gefangen wurde. Oder vom Elfmeterschießen gegen England. "Als Berti Vogts mich fragte, habe ich gesagt, dass ich den fünften schieße. Ich war sicher, dass England gar nicht so weit kommt. Als dann der fünfte Engländer getroffen hat, ist mir das Herz in die Hose gerutscht", sagte Kuntz: "Heute lache ich natürlich darüber, weil ich getroffen habe."

Als wenig später das deutsche Team als Sieger das Stadion verließ, erhoben sich die englischen Fans von ihren Plätzen und spendeten Applaus. Auch das hat Kuntz nicht vergessen. "Das war unglaublich. Ich habe so ein Fair Play nie wieder von einem anderen Publikum erlebt, dessen Team gerade verloren hat. Das ist in meinem Kopf geblieben", sagt er.

Und deswegen fiebert Kuntz auch dem EM-Halbfinale in Tychy entgegen: "England gegen Deutschland, das ist eines der alten, traditionsreichen Spiele. Ganz egal, ob bei der U21 oder der A-Mannschaft."

(sid)
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