Zuschauerschwund bei der Nationalelf Der DFB muss sein Produkt verbessern

Meinung · Der Zuschauerschwund bei der Nationalmannschaft lässt sich nicht leugnen. Der DFB beteuert, die Alarmzeichen erkannt zu haben, arbeitet aber nicht an den offensichtlichen Problemen.

 Viele Plätze blieben beim Spiel gegen San Marino leer.

Viele Plätze blieben beim Spiel gegen San Marino leer.

Foto: dpa, hpl

Der Stadionsprecher in Nürnberg hatte offenbar eine ziemlich wichtige Botschaft. Er blickte auf die Ergebnisse dieser Länderspielsaison, die im September 2016 begonnen hat. Und als er an das 3:0 gegen Tschechien in Hamburg im Oktober des vergangenen Jahres erinnerte, machte er nach dem Resultat eine bedeutungsschwere Pause. Dann rief er mit fester Stimme: "Vor ausverkauftem Haus!" Das ist tatsächlich etwas Besonderes geworden im Land des Weltmeisters, im Land der immer noch boomenden Bundesliga. Auch das WM-Qualifikationsspiel gegen San Marino (7:0) wollten lediglich 32.000 Zuschauer sehen. Immer noch ein paar mehr als im September 2016, als bei Bastian Schweinsteigers Abschiedsspiel in Mönchengladbach 26.000 Fans kamen und der Oberrang der Gegentribüne mit einem Banner verhängt werden musste, um den Leerstand nicht zu offensichtlich zu machen.

Der DFB hat das Alarmzeichen immerhin erkannt. Zumindest sagt er das. "Wir müssen zusehen, dass wir die Schraube nicht überdrehen", hat Chefvermarkter Oliver Bierhoff sehr zu Recht festgestellt. Die Gründe für den Zuschauerrückgang liegen auf der Hand. Aber wird ernsthaft an Lösungen gearbeitet? Es sieht nicht so aus.

Die Problemfelder:

Preise. Bis zu 80 Euro haben Tickets für die Begegnung mit San Marino, der Nummer 204 in der Welt, gekostet. Viel zu viel, findet der normale Fan. Der Verband versichert, vor allem im Hochpreissegment seien selbst Spiele gegen Fußballzwerge ausverkauft. Handlungsbedarf sieht er folglich nicht.

Etikettenschwindel. In Freundschaftsspielen wird ein Hochglanzprodukt versprochen, oft gibt es aber Training mit Zuschauern. Eine Mogelpackung. Bundestrainer Joachim Löw erklärt den Testfall mit den seltenen Terminen. Aus seiner Warte richtig, aber auch hier dreht der DFB nicht an der Preisschraube.

Anstoßzeiten. Der Verband setzt die Partien für 20.45 Uhr an, weil es das Fernsehen als bedeutendster Geldgeber so will. Familienfreundlich ist das nicht. Die Geschäftsleute im DFB zucken die Achseln. Familienfreundlichkeit ist ein Begriff für die Sonntagsreden.

Am Ende wird der Kunde entscheiden, ob der DFB sich ernsthafter Arbeit an seinem Produkt weiter verschließen kann. Vielleicht hat diese Abstimmung vor einem Jahr in Mönchengladbach begonnen.

(pet)
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