Ultimatum für Katar Niersbach empfiehlt sich für "Fußball-Weltregierung"

Köln · Wolfgang Niersbach hat sich in der Krise beim Weltverband Fifa mit einem politisch sinnvollen wie geschickten Vorschlag zur Problematik der WM 2022 in Katar für die "Regierung des Weltfußballs" empfohlen. Zwei Tage nach Bekanntgabe seiner Kandidatur für die Fifa-Exekutive verstärkte der Präsident des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) durch seine Forderung nach einem offiziellen Ultimatum an den Wüstenstaat zur Verbesserung der Menschenrechts-Situation den Druck auf das Emirat.

Wolfgang Niersdbach: Vom Journalisten zum Macher im Weltfußball
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Das ist Wolfgang Niersbach

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Foto: dpa, Arne Dedert

Davon unabhängig verdichteten sich in der Debatte über die Fifa-Zukunft Anzeichen für eine Intervention des Europäischen Parlamentes (EP) in Straßburg. "Aus Sicht des DFB", sagte Niersbach an seinem 64. Geburtstag dem Nachrichtenmagazin Der Spiegel, "wäre es auch im Interesse Katars zielführend, einen Zeitraum zu definieren, an dessen Ende eine unabhängige Institution wie beispielsweise Amnesty International oder der Internationale Gewerkschaftsbund die Arbeitsbedingungen auf den WM-Baustellen prüft und abschließend bewertet." Als denkbare Frist für nennenswerte Fortschritte vor einem anzudrohenden Entzug des WM-Turniers nannte der DFB-Chef Ende 2015.

Niersbachs Vorstoß lässt sowohl Katar die Chance zur Gesichtswahrung als auch den Top-Klubs die Hoffnung auf einen letztlich doch traditionellen WM-Termin. Zur Umsetzung müsste die Fifa-Exekutive bei der Klub-WM Mitte Dezember in Marokko einen entsprechenden Beschluss fassen. Selbst forcieren kann der DFB-Chef seine Pläne zumindest vorerst noch nicht nicht: Bis Mai sitzt noch sein Vorgänger Theo Zwanziger im höchsten Fifa-Gremium.

In den Turbulenzen um den Umgang mit dem Korruptionsverdacht über den Vergaben der WM-Turniere 2018 an Russland und 2022 lenkte Niersbach jedenfalls den Blick wieder auf Katars vielkritisierten Arbeitsbedingungen besonders für Ausländer. Immer wieder lösten zuletzt erschütternde Berichte über zahlreiche Todesfälle und menschenunwürdige Lebensbedingungen auf den Baustellen für das WM-Turnier weltweit Empörung aus. Katars Regierung stellte kürzlich eine Reform seines traditionellen Kafala-Systems schon bis Anfang 2015 in Aussicht, nachdem sich zuvor mehrere Ankündigungen der WM-Macher von Verbesserungen als leere Versprechungen erwiesen hatten.

Beim deutschen Meister Bayern München durfte sich Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge in seinen Vorschusslorbeeren für ein künftiges Exko-Mitglied Niersbach bestätigt fühlen. "Ich denke, er wird seinen Weg bei der Fifa machen", sagte Rummenigge am Samstag in Berlin zu Niersbachs Ambitionen im Weltverband: "Ich glaube, es ist wichtig, dass ein Deutscher bei der Fifa im Exekutivkomitee Mitglied ist. Wolfgang wird dort eine echte Bereicherung sein."

Wie Niersbach setzt der Bayern-Boss zur Lösung der Fifa-Probleme auf Versachlichung und erteilte deswegen Ideen wie von Liga-Chef Reinhard Rauball zur Abspaltung Europas eine Absage: "Eine Abspaltung wäre nicht gut. Soll dann unsere Nationalmannschaft in Zukunft nicht mehr an einer Weltmeisterschaft teilnehmen? Ich glaube, das wäre absurd. Das darf und wird kein Thema sein."

Ein Thema soll die Fifa jedoch in Straßburg werden. Darauf will die australische Whistleblowerin Bonita Mersiades bei einer geplanten Visite bei den Abgeordneten drängen. "Ich werde im Januar das EU-Parlament besuchen und hoffe, dass sich mit der breiten Unterstützung aller Mitglieder endlich eine Wende erzwingen lässt. Die Fifa ist jedenfalls nicht in der Lage, sich selbst zu reinigen", sagte die frühere PR-Chefin von Australiens WM-Bewerbung für 2022 der Bild am Sonntag.

Ihr Elsass-Besuch ist möglicherweise nicht der einzige Kontakt zu Europa-Politikern. Zuletzt hatten bereits EU-Parlamentarier in sozialen Netzwerken Bemühungen um die Einberufung einer Fifa-Reform-Konferenz zu Beginn kommenden Jahres in Brüssel angedeutet.

(sid)
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