Ein Jahr Konzept "Stadionerlebnis" Randale von Dynamo Dresden trüben die Bilanz

Frankfurt/main · Kurz vor dem Jahrestag des Sicherheitsgipfels im deutschen Profi-Fußball trüben erneute Gewaltexzesse Dresdner Hooligans die Bilanz.

2. Bundesliga 13/14: Chaoten sorgen für Pyro-Eklat in Dresden
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Trotz aller positiven Entwicklungen mit dem Konzept "Stadionerlebnis" der Deutschen Fußball Liga (DFL) fehlen handfeste Mittel gegen Chaoten — der Sport stößt an seine Grenzen.

"Wenn Vermummte mit Böllern auf die Polizei werfen, werden wir diese mit keinem Konzept der Welt einfangen", sagte DFL-Geschäftsführer Andreas Rettig (50): "Es ist eine irrige Annahme, zu glauben, dass wir damit diese Vögel erreichen. Wir sind keine Traumtänzer."

Erst am vergangenen Freitag hatten dies Anhänger des Zweitligisten Dynamo Dresden auf traurige Weise unter Beweis gestellt. Rund um das Spiel bei Arminia Bielefeld (1:1) hinterließen die Hooligans laut Polizeiangaben "eine Spur der Gewalt vom Bahnhof bis zum Stadion". Die Polizeigewerkschaft DPoLG sprach von "bürgerkriegsähnlichen Zuständen".

Deshalb aber alle Bemühungen der Verbände und Vereine, die das Sicherheitskonzept am 12. Dezember 2012 nach monatelangen Diskussionen mit großer Mehrheit verabschiedet hatten, zu verteufeln, sei der absolut falsche Weg, mahnte der renommierte Fanforscher Gunter A. Pilz (68): "Das sind Rückschläge — und die werden immer wieder kommen. Aber wir sind auf dem richtigen Weg!"

Vorwerfen lassen können sich die DFL und der Deutsche Fußball-Bund (DFB) in der Tat nur wenig. Die Verbände stecken inzwischen rund zehn Millionen Euro in die Fanprojekte, "die Vereine haben im Bereich des Personals und der Infrastruktur aufgerüstet und sich deutlich verbessert", sagte Rettig. Der Dialog mit den Fans wurde nachweislich massiv verstärkt, die — wenn auch mit Vorsicht zu genießenden — Zahlen der Zentralen Informationsstelle Sporteinsätze (ZIS) belegen einen Rückgang von Pyro-Vorfällen und Gewalt in den Stadien.

"Das, was passiert ist, was als Orientierung im Konzept festgelegt wurde, ist der richtige Schlüssel, um auch an schwierigen Standorten wie Dresden weiterzukommen", sagte Michael Gabriel, Leiter der Koordinationsstelle Fanprojekte (KOS): "Die Fans müssen in die Verantwortung geholt werden."

Das forderten die Verbände nun verstärkt bei Dynamo Dresden, das als Wiederholungstäter trotz der beim DFB-Bundestag fest beschlossenen Abkehr von Kollektivstrafen eine harte Sanktion fürchten muss. Die "täterorientierte Bestrafung" sei ein "wichtiger Fingerzeig", hatte Rettig verdeutlicht: "Aber dafür brauchen wir auch den Fan, der am Ende sagt: Wenn der jetzt wegbleibt, geht es mir auch besser."

Viel mehr als die schon oft zitierte Selbstregulierung unter den Fans könne der Fußball aber nicht tun, sagte Pilz und verdeutlichte am Beispiel der "250 wildgewordenen" Dynamo-Fans: "Nur der Verein kann mit noch so viel Willen solch ein Problem nicht lösen — selbst 1000 Polizisten konnten das nicht."

Ohnehin seien die Ausschreitungen im Fußball ein "gesamtgesellschaftliches Problem", sagte der Fanforscher: "Und der Fußball bietet eine wunderbare Plattform der Anonymität. Alle Beteiligten müssen sich Gedanken machen — paradiesische Zustände ohne Gewalt wird es nicht geben."

(sid)
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