Feindbild RB Leipzig Was hilft gegen gewaltbereite Chaoten?

Leipzig · Nach den Anfeindungen gegen RB Leipzig steckt der deutsche Profifußball in der Endlosschleife seiner Sicherheitsdiskussion: Immer wieder schmeißen ein paar "durchgeknallte Einzeltäter" alle Maßnahmen und Bemühungen gegen die Ausschreitungen rund um die Stadien über den Haufen - der Umgang mit denen, die offensichtlich vor kaum etwas zurückschrecken, bleibt extrem schwierig.

Chronologie des Fan-Widerstands gegen RB Leipzig
Infos

Chronologie des Fan-Widerstands gegen RB Leipzig

Infos
Foto: dpa, ude hak

"Die Forderung nach härteren Strafen ist immer reflexartig und populistisch. Es müssen die, die wir bereits haben, konsequent und vor allem zeitnah angewendet werden", sagte der renommierte Fanforscher Gunter A. Pilz und nahm die friedlichen Fans in die Pflicht: "Es ist an der Zeit, die Selbstreinigung ernst zu nehmen und zu signalisieren, dass auch die Fans selbst nicht bereit sind, solche Taten von durchgeknallten Einzeltätern mitzutragen."

Diese hatten vor und nach dem Montagabendspiel des Zweitligisten Leipzig beim Karlsruher SC (0:0) randaliert. Unter anderem belagerten einige Chaoten das RB-Mannschaftshotel, behinderten die Abfahrt des Mannschaftsbusses vom Stadion und bewarfen die Limousine von RB-Sportdirektor Ralf Rangnick mit Farbbeuteln.

"Die Banner habe ich gar nicht wahrgenommen, die Sprechchöre dagegen schon", sagte Rangnick der Leipziger Volkszeitung: "Wenn man in einem Auto sitzt, das von vielen solcher Chaoten umzingelt ist und übel beleidigt wird, dann macht das keinen Spaß." Er sei schon "über 20 Jahre im Geschäft und einigermaßen abgehärtet", sagte der RB-Sportchef: "Aber was in Karlsruhe passiert ist, hat mit Protesten nichts mehr zu tun. Momentan überschreiten die Chaoten klare Grenzen. So etwas habe ich noch nicht erlebt, das war der blanke Hass."

Den erlebt der vom Milliarden-Unternehmen Red Bull finanzierte Klub in der laufenden Saison immer wieder. Ein Beispiel: Zu Beginn der Rückrunde war Red-Bull-Boss Dietrich Mateschitz auf einem Plakat in Nazi-Uniform verunglimpft worden.

"Ob der Hass immer schlimmer wird, kann man so einfach gar nicht sagen", sagte Michael Gabriel, Leiter der Koordinationsstelle Fanprojekte (KOS), der Bild-Zeitung: "Die Aktionen werden offenbar spektakulärer und feindseliger. Das Projekt RB steht aus Sicht vieler Fußballfans für eine gewisse Doppelzüngigkeit des Fußballs: Einerseits die 50+1 Regel zu beschließen, aber andererseits RB zu genehmigen." Gabriel machte aber auch deutlich: "Klar muss sein: Körperliche Bedrohungen oder Gewalt müssen tabu bleiben."

Es gehe auch um die "Angst, dass der Fußball immer weiter den Marktmechanismen gehorcht und schon bald die Interessen des asiatischen Marktes wichtiger sind, als zum Beispiel die der heimischen Anhänger", sagte Gabriel: "Das Projekt RB wird ja nicht nur von den Fans kritisch gesehen, sondern auch von vielen Vertretern der Traditionsvereine."

In Karlsruhe bereuten die Verantwortlichen nach der Partie das Einknicken vor den eigenen Fans. Auf Drängen der Anhänger hatte ein KSC-Sicherheitsbeauftragter den Rücktausch eines Karlsruher Trikots in der RB-Kabine veranlasst - um die aufgebrachten Fans in der Kurve zu beruhigen. "Wir können den Vorfall bestätigen", sagte KSC-Sportdirektor Jens Todt zu Sport1: "Dieser wurde von dem Mitarbeiter in diesem konkreten Moment so gehandhabt, da er deeskalieren wollte. Wir haben das intern aufgearbeitet und besprochen und uns darauf verständigt, uns künftig nicht noch einmal zu so etwas drängen zu lassen."

(sid)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort