Sensations-Klassenerhalt Darmstadt ist der große Gewinner

Berlin/Darmstadt · Der Klassenverbleib von Darmstadt 98 ist die große Überraschung der Saison. Trainer Dirk Schuster und Torjäger Sandro Wagner prägten die außergewöhnliche Runde der Südhessen.

SV Darmstadt 98 feiert den Sensations-Klassenerhalt
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Darmstadt feiert den Sensations-Klassenerhalt

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Als Deutschlands Fußball-Nationalmannschaft vor zwei Jahren den WM-Titel holte, war häufig von der Generation 2009 die Rede. Von der Junioren-Mannschaft unter 21 Jahren, die drei Jahre zuvor in Schweden Europameister geworden war. Die späteren Weltmeister Manuel Neuer, Jerome Boateng, Benedikt Höwedes, Mats Hummels (übrigens im Mittelfeld), Sami Khedira und Mesut Özil standen in Trainer Horst Hrubeschs Endspielformation, die sich in Malmö 2009 mit 4:0 gegen England durchsetzte. Und dann war da noch dieser Sandro Wagner. Er erzielte zwei Tore im Endspiel, Weltmeister wurde er aber - bislang - nicht.

Was Wagner nun mit dem Fußball-Bundesligisten Darmstadt 98 geschafft hat, ist noch überraschender als der vierte Stern für Deutschland. Nicht zuletzt dank der 14 Treffer des Angreifers bleiben die Südhessen in der Bundesliga.

SV Darmstadt 98: Profis feiern auf dem Kassenhäuschen
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Darmstadt-Profis feiern auf dem Kassenhäuschen

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Foto: dpa, arn pil

Der Ex-Berliner Wagner hatte mit seinem Tor zum 2:1 (1:1) im Olympiastadion den Klassenverbleib perfekt gemacht. Als der erlösende Schlusspfiff fiel, beantwortete Wagner schon die ersten Fragen in der Mixed-Zone. Zwei Minuten vor Ende der regulären Spielzeit hatte er nach einer Grätsche die Gelb-Rote Karte gesehen. Doch eher an seinen provokativen Gesten erhitzten sich in den letzten Minuten der Partie die Gemüter. Unmittelbar nach seinem Treffer in der 82. Minute war er in die Ostkurve gestürmt und hatte die Hertha-Ultras mit dem Zeigefinger auf den geschlossen Lippen und dem ständigen Pochen auf das Darmstädter Vereinslogo in Rage gebracht.

"Das war vielleicht übertrieben. Aber so ein Spiel lebt auch von Emotionen", verteidigte sich Wagner. "Und ich habe auch nicht die Fans in der Ostkurve gemeint, sondern einige da oben, die mich immer als 'Blinden' bezeichnet haben. So blind kann ich ja nicht gewesen sein, wenn ich für den Aufsteiger 14 Tore mache", meinte der 28-Jährige, der im vorigen Sommer nach drei Jahren bei den Berlinern von Trainer Pal Dardai aussortiert worden war.

Der Torjäger wird den Verein wohl verlassen. "Er hat angedeutet, dass er sich sehr gut vorstellen kann, in England zu spielen", sagte Schuster und kündigte an: "Wir werden ihm keine Steine in den Weg legen." Wagner selbst meinte vielsagend: "Vielleicht war es mein letztes Spiel für Darmstadt." Die Feierlichkeiten am Böllenfalltor erlebte er gar nicht mit, er war nach dem Spiel lieber zu seiner Familie nach München gereist.

SV Darmstadt 98: Sandro Wagner provoziert Hertha-Fans
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Wagner provoziert Hertha-Fans nach Siegtreffer für Darmstadt

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Foto: dpa, soe hak

Beim nächtlichen Tanz auf dem Kassenhäuschen ihres altertümlichen Stadions genossen die Darmstädter Profis eine Stunde vor Mitternacht die Überraschung der Saison. "Verrückt! Wahnsinn! Das ist kaum in Worte zu fassen. Die Wunder sind nicht vergleichbar, aber der Klassenerhalt am 33. Spieltag ist größer als alles Dagewesene", sagte Präsident Rüdiger Fritsch. "Die Spieler haben frei bis Dienstag, sie können machen, was sie wollen", kündigte Erfolgscoach Dirk Schuster fröhlich an.

Die Maschine mit der "Lilien"-Mannschaft konnte nach dem Sieg bei Hertha BSC am Samstagabend erst mit Verspätung starten, da niemand Auge oder Ohr für die Sicherheitserklärungen hatte. "Der ganze Flieger hat gesungen, da hat der Kapitän gesagt, er startet halt nicht", sagte Schuster. Die Arbeit des 48-Jährigen ist nicht hoch genug einzuschätzen: Nach dem Durchmarsch aus der 3. Liga war Darmstadt als Abstiegskandidat Nummer eins gehandelt worden.

Daran erinnerte auch Marcel Heller noch einmal. "Wir haben den kleinsten Etat der Liga, viele haben in uns das neue Tasmania Berlin gesehen. Es ist wirklich das achte Weltwunder, noch höher einzuschätzen als die Jahre zuvor", schwärmte der Flügelflitzer, der mancher Abwehrreihe zu schaffen gemacht hat. Etwas bescheidener formulierte es Schuster. "Mit dem Sieg herrscht jetzt natürlich große Erleichterung und wir sind glücklich und stolz, dass wir unser Ziel heute erreicht haben, obwohl uns das keiner zugetraut hat", sagte er.

(RP)
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