Zum Abstieg von Darmstadt 98 Besuch aus einer anderen Zeit

Düsseldorf · Nach zwei Jahren muss Darmstadt 98 die Bundesliga wieder verlassen. Ein Abstieg, der seit dem ersten Tag vorgezeichnet schien. Und trotzdem hat der Verein seine Spuren hinterlassen – mit seinen Mitteln.

SV Darmstadt 98 steht als erster Absteiger fest
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Darmstadt verabschiedet sich aus der Bundesliga

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Foto: dpa, tha hpl

Nach zwei Jahren muss Darmstadt 98 die Bundesliga wieder verlassen. Ein Abstieg, der seit dem ersten Tag vorgezeichnet schien. Und trotzdem hat der Verein seine Spuren hinterlassen — mit seinen Mitteln.

Um 17:19 Uhr war es amtlich. Mit dem Abpfiff von Schiedsrichter Guido Winkmann in München war der Abstieg von Darmstadt drei Spieltage vor Saisonende vorzeitig besiegelt. Ein Szenario, das seit Wochen vorgezeichnet war, entsprechend gefasst wirkten Trainer und Mannschaft. "Was wir wollten, ist mit erhobenem Haupt rauszugehen", erklärte Trainer Torsten Frings hinterher.

Das ist gelungen. Besonders seit Frings an der Seitenlinie der "Lilien" verantwortlich ist. Mit ihm wehrte sich der Verein zuletzt stur bis zum Schluss, feierte erstmals in seiner Bundesliga-Historie drei Siege in Folge, schob jedoch nur hinaus, was unausweichlich war — den Abstieg.

Für die Hessen endet das Abenteuer Bundesliga damit nach zwei Jahren. Es war wie ein Besuch aus einer vergangenen Zeit. Der Fußball, das Stadion, die Art und Weise des Vereins — es wirkte als nostalgisches Unikat und Gegenentwurf zu den restlichen Mannschaften im schnelllebigen Bundesliga-Zirkus. Aber letztendlich auch nicht dauerhaft überlebensfähig in der höchsten Spielklasse.

Die Aussortierten

Das Vermächtnis und die Geschichte des Aufstiegs sind dem Verein aber nicht mehr zu nehmen. Einst sportlich aus der 3. Liga abgestiegen, rettete nur die Zahlungsunfähigkeit von Kickers Offenbach den Verein vor dem Absturz in die Regionalliga. Was folgte, war der Durchmarsch in die Bundesliga.

Und auch im Oberhaus wurden die "Lilien" im Vorfeld belächelt, mit ihren bescheidenen Mitteln gerne mit dem historisch schlechten Absteiger Tasmania Berlin verglichen und kaum Ernst genommen — und zeigten dem Rest der Liga den fußballerischen Mittelfinger. Mit ihrer Interpretation von Fußball kämpfte sich die Mannschaft mit Leidenschaft, Geschlossenheit und einer Truppe von anderswo Aussortieren von Achtungserfolg zu Achtungserfolg und hielt die Klasse. Ein modernes Fußballwunder. Und einmalig — im wahren Wortsinn.

Frings gab der Mannschaft wieder ein Gesicht

Denn das Märchen schien danach auserzählt. Die Hauptfiguren des Wunders um Trainer Dirk Schuster und Stürmer Sandro Wagner verließen den Verein und Neu-Trainer Norbert Meier fremdelte zur neuen Saison merklich mit dem Umfeld und der neuen Mannschaft. Die Punkte blieben aus und auch Darmstadt wurde plötzlich von den branchenüblichen Mechanismen eingeholt. Der Verein schien seine Tugenden verlernt zu haben.

Erst nach der Winterpause fand das Team unter Frings sein altes Gesicht wieder. "Dass der Verein und die Mannschaft wieder ein Gesicht hatte und verstanden hat, was Fußballspielen bedeutet. Und dass der Teamgedanke wieder an erster Stelle stand", schob Kapitän Aytac Sulu den Aufschwung vor allem auf den neuen Übungsleiter. Frings, als Spieler selbst ein großer Kämpfer, und Darmstadt — das passte. Die Vorgabe mit acht Punkten zur Winterpause war trotzdem nicht mehr reparabel, da halfen auch beachtliche 16 Punkte in der Rückrunde nichts mehr. Mit nur 24 Zählern nach 32 Spieltagen steigt man eben ab, auch wenn man nicht Darmstadt heißt.

Es ist aber ein Abgang mit Würde. Und vielen Symphathien.

(dbr)
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