Kolumne: Gegenpressing Die Woche der Betrüger

Timo Werner segelt durch den Strafraum und findet sich ziemlich clever. Cristiano Ronaldo trickst bei den Steuern. Und das System Sepp Blatter ist endlich gerichtlich beendet.

RB Leipzig: Timo Werner erhitzt mit Schwalbe die Gemüter
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Werner erhitzt mit Schwalbe die Gemüter

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Foto: dpa, woi

In dieser Woche wurde Sepp Blatter endgültig aus dem Fußball-Funktionärswesen abgemeldet. Diese überfällige Aufgabe übernahm der oberste Sportgerichtshof, der die Sechs-Jahre-Sperre für den einst ewigen Fifa-Präsidenten bestätigte. Es half dem 80-jährigen Schweizer natürlich nicht, dass er der Ethikkommission des Fußball-Weltverbandes, die er einst selbst gegründet hatte, ebenso wie dem obersten Gericht CAS Methoden der Inquisition vorwarf.

Beide fanden es strafbar, dass er großzügig und selbstherrlich zugleich vermeintliche Dienste des ebenfalls tief gefallenen ehemaligen Uefa-Präsidenten Michel Platini für die Fifa mit neunjähriger Verspätung honorierte. Der Verdacht liegt nahe, dass 1,8 Millionen Euro flossen, weil Platini eine wesentliche Rolle bei der Stimmenbeschaffung für Blatters Wiederwahl zum Fifa-Boss 2011 gespielt hatte. Nach den Sportrichtern haben deshalb bald auch die zivilen Gerichte das Wort. Das ist in der Sache erfreulich.

Anderen, die zumindest Gesetzeslücken mit reichlich (krimineller?) Energie genutzt haben, könnte es ebenso wie Blatter an den Kragen gehen. Die professionellen Enthüller von "Football Leaks" haben deutliche Belege dafür gefunden, dass vor allem die Multimillionäre von Real Madrid bedeutende Summen am Finanzamt vorbeigemogelt haben. Große Spieler wie Cristiano Ronaldo und Trainer wie José Mourinho, die vor lauter Geld ohnehin nicht mehr wissen, wohin damit, stehen am Pranger. Vermutlich werden diese Gierhälse sich ahnungslos geben, möglicherweise ihre Berater belasten, die ihre Taschen auch nicht voll genug bekommen können, und am Ende achselzuckend eine Strafe zahlen. So ist jedenfalls ihr Rechtsverständnis. Vielleicht wird der spanische Staat sie noch eines Besseren belehren und Strafen verhängen, von denen die feinen Herren auch etwas spüren. Wahrscheinlich ist es nicht.

Von einer kriminellen Handlung weit entfernt war der Sturzflug, den der Leipziger Fußballspieler Timo Werner in der Begegnung mit Schalke 04 zur Aufführung brachte. Den Tatbestand des Betrugs aber erfüllte auch er. Werner verhielt sich unter Umständen nach den Gesetzen des Geschäfts, die alles erlauben, was zum Sieg führt. Nach den Gesetzen der Fairness, die immer noch Gegenstand feiner Sonntagsreden sind, verhielt er sich nicht. Dass er unter dem Druck filmischer Beweise und nach tagelanger Bedenkzeit dann doch noch einräumte, einen freiwilligen Flug durch den Schalker Strafraum angetreten zu haben, spricht ihn nicht frei. Aber er darf sich beruhigt zurücklehnen: Die Szene findet ihn clever, und der Fan vergisst schnell.

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(RP)
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