Urteil in Düsseldorf Zwanziger darf Katar "Krebsgeschwür" nennen

Düsseldorf · Bei der Kritik an öffentlichen Missständen darf man zu drastischen Vergleichen greifen. Das hat das Düsseldorfer Landgericht bekräftigt und die Klage des Fußballverbands von Katar gegen Ex-DFB-Präsident Theo Zwanziger abgewiesen.

Zwanziger erscheint vor dem Düsseldorfer Landgericht
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Foto: Gianni Costa

Theo Zwanziger durfte das Wüstenemirat Katar als "Krebsgeschwür des Weltfußballs" bezeichnen. Der frühere DFB-Präsident errang am Dienstag vor dem Düsseldorfer Landgericht einen Sieg im Rechtsstreit mit dem Fußballverband von Katar. Zwar sei die Bezeichnung "Krebsgeschwür" eine massiv herabwürdigende Beleidigung, Zwanziger habe damit aber die Vergabe der Fußball-WM 2022 an Katar kritisiert. Diese Kritik habe im Vordergrund gestanden, nicht die öffentliche Diffamierung. Damit sei die Aussage vom Grundrecht auf Meinungsfreiheit gedeckt und keine Schmähkritik.

Wenige Stunden nach der Klageabweisung kündigte die Anwaltskanzlei Bub, Gauweiler & Partner Berufung beim Oberlandesgericht Düsseldorf an. Sie vertritt den Fußballverband in dieser Angelegenheit.

"Ich habe niemanden persönlich angegriffen"

"Ich habe niemanden persönlich angegriffen", sagte der Jurist Zwanziger, der früher selbst Richter war. "Ich war immer davon überzeugt, dass die Kritik an der WM-Vergabe an Katar, auch wenn ich sie mit deutlichen Worten geäußert habe, von der in der verfassungsmäßig garantierten Meinungsfreiheit gedeckt war."

Er bekräftigte: "Ein Land, halb so groß wie Hessen, mit Menschenrechtsverletzungen und unerträglicher Hitze im Sommer, kann nach meiner Auffassung nicht Austragungsort sein für das mit den Olympischen Spielen größte Sportereignis der Welt."

Bei dem Rechtsstreit ging es um ein Interview Zwanzigers mit dem Hessischen Rundfunk vom 2. Juni 2015. Darin fallen jene Worte, die am Persischen Golf für erhebliche Verstimmung gesorgt hatten: "Ich habe immer klar gesagt, dass Katar ein Krebsgeschwür des Weltfußballs ist. Mit dieser Entscheidung hat alles begonnen."

In der mündlichen Verhandlung Anfang Februar hatte Katars Anwalt, der frühere CSU-Politiker Peter Gauweiler, argumentiert, mit seiner Kritik habe Zwanziger nur von eigenem Fehlverhalten ablenken wollen: "Mit Katar hat eben nicht alles angefangen." Doch das Gericht befand, für diese Auffassung spreche nichts.

Zum Zeitpunkt des Interviews waren die Auffälligkeiten bei der Vergabe der WM an Deutschland 2006 noch nicht bekannt geworden. Zwanziger hatte erbost auf die Behauptung Gauweilers reagiert: Dies sei "unterirdisch". Von Unregelmäßigkeiten bei der Vergabe der WM an Deutschland habe er nichts wissen können.

Er habe sich jahrelang für eine Reform des Weltfußballverbands Fifa, eine unabhängige Ethikkommission und für Aufklärung auch der Vorgänge um die Vergabe der WM an Deutschland eingesetzt. Medien hatten berichtet, dass auf Dokumenten über eine dubiose 6,7-Millionen-Euro-Zahlung handschriftliche Anmerkungen Zwanzigers entdeckt worden seien.

Der Fußballverband des Wüstenstaates hatte beantragt, dem ehemaligen DFB-Präsidenten die wenig schmeichelhafte Aussage zu verbieten. Es handele sich um eine Kollektivbeleidigung. Nachdem Zwanziger sich geweigert hatte, eine Unterlassungserklärung zu unterzeichnen, wurde er verklagt. Gegen das Urteil kann Berufung zum Oberlandesgericht eingelegt werden. Den Streitwert legte das Gericht auf 100.000 Euro fest.

(seeg/spol/dpa)
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