Bayer Leverkusen Ballacks Stil ist überholt

Leverkusen · Im Hochgeschwindigkeitsfußball, wie ihn Leverkusen oder Dortmund bieten, kommt der Ex- Nationalspieler nicht mehr mit. Ein Wechsel spätestens am Mittwoch zu einem Klub mit anderer Spielidee wäre konsequent.

Das ist Michael Ballack
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Das ist Michael Ballack

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Michael Ballack erlebt in diesen Tagen, wie schnell und unerbittlich sich der Spitzenfußball wandelt. Im Mai vergangenen Jahres sendete das Fernsehen noch einen Brennpunkt, weil Ballack verletzungsbedingt die WM verpassen würde. An vielen Stammtischen wurde damals diskutiert, ob es für die Nationalelf überhaupt Sinn mache, ohne ihn nach Südafrika zu reisen. 15 Monate später steht der 34-Jährige bei Bayer Leverkusen im Schaufenster des Sommerschlussverkaufs. Als verzichtbarer Ex-Weltstar, über den die Verantwortlichen mittlerweile sogar öffentlich sagen, dass andere Spieler halt besser seien. Geht bis morgen, 18 Uhr, ein akzeptables Angebot für den 98-maligen Nationalspieler in der BayArena ein, beendet er seine Laufbahn wohl nicht im Werksclub.

Doch kann es wirklich sein, dass Deutschlands lange Zeit einziger Fußballer von Weltklasseformat binnen einer Saison zu einem austauschbaren Bankdrücker im Verein und zum Ausgemusterten in der DFB-Elf geworden ist? Einer, dem statt Bewunderung nun vermehrt Mitleid entgegenschlägt? Die Antwort muss wohl lauten: Ja. Und für dieses "Ja" gibt es Gründe. In keinem Mannschaftsteil hat sich in den vergangenen Jahren eine derart rasante Veränderung vollzogen wie im Mittelfeld. Was der FC Barcelona für den Weltfußball verkörpert, habe hier Borussia Dortmund und Bayer 04 — ohne Ballack — im direkten Duell am Wochenende beispielhaft gezeigt. Im Mittelfeld geht es heute um Tempo, pausenloses Pressing, schnelles Umschalten, kurze Passfolgen, Laufleistungen von in der Spitze über zwölf Kilometern und vor allem um enorme Handlungsschnelligkeit.

In Ballacks besten Jahren konnte er auch mal das Tempo aus dem Spiel nehmen, auf den Ball treten, dirigieren. Für diese Art zu spielen fehlt heute schlicht die Zeit. Franz Beckenbauer sagte neulich: "Heute wird ein anderer Fußball gespielt. Ballack ist ein Spielmacher, der den Ball fordert und mit langen Bällen operiert. Er passt nicht mehr in das Kurzpassspiel, das heute forciert wird."

Konnten Rudi Völler und Wolfgang Holzhäuser in der Vorsaison stets darauf verweisen, dass Ballack nach zwei schweren Verletzungen ja noch nicht wieder bei seiner Top-Fitness angelangt sein könne, attestiert der neue Trainer Robin Dutt Ballack nun eben diese Fitness — und stellt ihn trotzdem nicht auf. "Er ist fit, aber natürlich nicht wie jeder andere Spieler. Michael ist 34 Jahre alt und keine 18", sagt Dutt. Und er sagt noch etwas: "Leistung ist der eine Parameter. Da genießt kein Spieler eine Ausnahmestellung." Beim Pokalaus in Dresden wirkte Ballack nach seiner Einwechslung hilflos, in den vier Spielen danach durfte er nur noch einmal ran, beim 1:0 gegen Bremen, vor allem wegen seiner Fähigkeit, lange Bälle zu schlagen, sagte Dutt hinterher. Ansonsten vertraut der Trainer dem Duo Lars Bender und Simon Rolfes, und die beiden danken es mit starken Leistungen.

Ballack schweigt, er muckt nicht auf, gibt sich als teaminterner Motivator, aber sein Reservistendasein nagt an ihm. Doch wer käme als neuer Club in Frage? Der VfL Wolfsburg? Ballacks Berater sagt, bislang gebe es keinen Kontakt. Womöglich wartet Felix Magath aber nur auf Millionen aus einem Verkauf von Diego. Oder etwa Paris St. Germain, das momentan alles zu kaufen scheint? Oder doch ein englischer Verein wie Fulham oder Blackburn? Bis morgen Abend muss es eine Antwort geben.

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