Borussia Mönchengladbach Das Problem des verwaisten Strafraums

Leverkusen · Beim 2:4 in Leverkusen drangen die Borussen nur selten in die letzten 16 Meter des Gegners vor. Dabei hatten die Gäste gerade auf den Außenbahnen viel Platz. Flanken gab es jedoch mangels Abnehmer fast keine.

 Tony Jantschke (r.) hätte den Ball gerne öfter in den Strafraum geflankt. Doch meist standen nur Gegenspieler wie Sebastian Boenisch (l.) in der "Box" der Leverkusener.

Tony Jantschke (r.) hätte den Ball gerne öfter in den Strafraum geflankt. Doch meist standen nur Gegenspieler wie Sebastian Boenisch (l.) in der "Box" der Leverkusener.

Foto: Wiechmann

Manchmal wirkte Tony Jantschke schlichtweg ratlos. Da lief er dann auf dem rechten Flügel in der BayArena zu Leverkusen, völlig frei, mit dem Ball am Fuß. Perfekte Flankenposition. Und was macht Jantschke? Spielt den Ball zurück. Nicht weil er keine Flanken schlagen kann oder ansonsten mit der Situation überfordert war. "Ich habe zweimal in den Strafraum geflankt", sagte der 23-Jährige. "Aber da standen dann immer nur vier Leverkusener herum. Dann spielt man den Ball halt wieder zurück."

Die Ratlosigkeit des Rechtsverteidigers dokumentierte Borussias grundlegendes Problem im Spiel gegen die Bayer-Elf. Gladbach hatte deutlich mehr Ballbesitz, eine überragende Passquote. Was fehlte, waren einzig die Torchancen. Während Bayer den Strafraum massiv zustellte und auf Konter lauerte, fehlten Borussia die spielerischen Mittel, den Abwehrriegel zu durchbrechen. Weil in der Fußball-Idee von Trainer Lucien Favre Ästhetik immer vor Rustikalität geht, schob sich die Gladbacher Offensive den Ball hin und her. "Das war bis zum Sechzehner fast wie Handball", befand Jantschke. "Aber dann fiel uns rein gar nichts mehr ein."

Auf den Außenbahnen bot sich ein genau gegensätzliches Bild. Dort hätte Jantschke gemütlich einen Kleinlaster an der Eckfahne einparken können, so viel Platz, wie er und die übrigen Flügelspieler dort hatten. Und wer weiß — hätte jemand im Strafraum gestanden, wäre es vielleicht mal gefährlich geworden. Möglicherweise hätte ein Luuk de Jong in diesem Spiel durch seine Straf- und Luftraumpräsenz für mehr Gefahr gesorgt als Raffael oder Max Kruse, die gemeinsam genau einen Torschuss produzierten. Genau so viele übrigens wie de Jong in seiner überschaubaren dreiminütigen Einsatzzeit.

Max Eberl wollte den verwaisten Strafraum nicht am Personal festmachen. "Vor einer Woche gegen Hannover standen wir ständig im Sechzehner", betonte der Sportdirektor. "Diesmal sind alle an der Strafraumgrenze geblieben und haben auf den Rückpass gewartet. Da muss man einfach mal durchlaufen." Das jedoch versäumte das Sturmduo der Borussen, das ansonsten auch kaum im Spektakelstück vorkam.

Die beste Aktion hatte noch Max Kruse, als er während Borussias stärkster Phase kurz nach der Pause das 1:2 wunderschön durch einen feinen Pass auf Patrick Herrmann mitvorbereitet hatte. Davon abgesehen waren beide Angreifer bei der Leverkusener Defensive gut aufgehoben. Was auch Lucien Favre bemerkte. Seine Auswechslungen, die er beim Stande von 2:3 vornehmen wollte und letztlich bei 2:4 vornahm, änderten jedoch nichts an der Spielweise. Denn in Amin Younes und Branimir Hrgota kamen zwei weitere schnelle Offensivspieler, die vorzugsweise die Flügel beackern.

"Wir haben einfach zu lange kein Mittel gefunden", sagte Patrick Herrmann. Eine Analyse, die den Borussen ziemlich oft einfällt, wenn der Gegner einen massiven Abwehrriegel aufzieht. Normalerweise war dies immer gegen die "kleinen" Teams der Liga der Fall. Nun stellen sich auch große Gegner wie Leverkusen hinten rein. Gegen einen Gegner, der mitspielt — und dabei vorzugsweise, wie Hannover vor einer Woche, defensiv auch noch anfällig ist, kann Borussia zaubern. Steht die Abwehr indes sicher, braucht Borussia einen "Plan B". Doch daran tüftelt Lucien Favre schon länger. Bislang ohne den endgültigen Erfolg.

(RP)
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